Bereits zum vierten Mal in Folge fand die European Rover Challenge (ERC) in Kielce, Polen, statt. Nachdem die STAR 2021 mit ihrem ersten Rover ELECTRA einen erfolgreichen 5. Platz erreichen konnte, hat sich jedoch sowohl auf dem 1600 m2 großen Mars-Yard als auch an unserem Rover einiges getan.
Die Früchte dieser Arbeit galt es bei der ERC 2022 vom 09. bis 11. September unter Beweis zu stellen und so begann die Reise mit 20 STARlern nach Kielce.
Tag 1 – Donnerstag (08. September 2022)
Treffpunkt war der Nettoparkplatz um 4 Uhr morgens. Nachdem wir am Abend vorher bereits MEROPE und diverses Equipment verladen hatten, standen “Carla 1” bis “Carla 3” (9-Sitzer) und “Carlos” (VW-Crafter) bereit, die Reise anzutreten.
Insgesamt standen mehr als 7 Stunden Fahrt vor uns und das große Ziel war, Mittags in Kielce anzukommen, um MEROPE bereits für ein paar Stunden auf dem Mars-Yard testen zu können.
Während der Fahrt wurde viel geschlafen und die Zeit während der Pausen entsprechend aktiv genutzt, um sich die Beine zu vertreten.
Kurz nach 12 Uhr erreichte die Kolonne ihr Ziel – die Politechnika Świętokrzyska in Kielce. Direkt im Anschluss wurde ein erster Blick auf den Mars-Yard geworfen und das Gelände inspiziert.
Da die Teamzone – die Halle, in der sich die Teams auf die einzelnen Tasks vorbereiten – noch nicht offen war, wurde MEROPE kurzerhand auf der Wiese vor dem Mars-Yard aufgebaut. Dank der neuen Bauweise ging dieser Prozess deutlich schneller als noch letztes Jahr vonstatten und so war wenige Minuten später MEROPE bereit, den Mars zu erkunden!
Die ersten Meter auf dem Mars-Yard machten direkt Hoffnung. Das überarbeitete Antriebskonzept schien perfekt zu funktionieren und kein Lavafluss oder Graben war zu steil.
MEROPE war allerdings nicht der einzige Rover auf dem Mars-Yard und so konnten wir direkt ersten Kontakt zu den anderen Teams aufnehmen.
Nach den ersten erfolgreichen Tests und einer kurzen Mittagspause wurde die Teamzone geöffnet und wir fingen an, unser Lager einzurichten. Jedes Team bekommt da bei ein 3x3m großes Zelt zur Verfügung gestellt, in dem alles vorbereitet werden konnte. Zudem befindet sich ein ausgewiesener Bereich für Fahrttests und der Stand der Kampfrichter und Organisatoren in der Halle.
Im Laufe des Tages wurden noch fleißig weiter programmiert und getestet, damit der folgende Tag mit Science und Maintenance Task ein erfolgreicher werden konnte.
Gegen 21 Uhr brachen wir das erste Mal zu Pacman-Pizza auf (ein Klassiker in Kielce – und man hat uns sogar direkt aus 2021 wiedererkannt!), um das Abendessen zu holen und sind anschließend bei sintflutartigen Verhältnissen zu unserer Unterkunft gefahren.
Tag 2 – Freitag (09. September 2022)
Der Freitag begann in aller Frühe und auf dem Plan standen vormittags der Science Task und Nachmittags der Maintenance Task. Bei dem Science Task haben wir untersucht, ob sich die Lavatunnel des Mars-Yard für eine Besiedlung durch Menschen eignen. Da Lavatunnel auf dem Mars mehrere hundert Meter im Durchmesser groß sein können, ist es prinzipiell möglich, Habitate in solche Tunnel zu bauen. Durch die natürliche Barriere wären die Bewohner vor Mikrometeoriten, Strahlung und Sandstürmen geschützt und könnten eine Basis errichten.
Zusätzlich gilt es bei dem Science Task die Augen nach versteckten Artefakten aufzuhalten, die eigentlich nicht auf den Mars gehören.
Mit diversen Kameras ausgerüstet, wurde MEROPE zum Mars-Yard getragen und die Bodenstation eingerichtet.
Kurz nach dem Start gab es allerdings Probleme mit der Kommunikation und die Auflösung der Kamera Streams musste reduziert werden. Das hatte zur Folge, dass unsere Rundumsicht stark beeinträchtigt war, wodurch leider einige Objekte nicht erkannt werden konnten. Durch die stark verzögerten Streams war auch die Steuerung von MEROPE herausfordernd und wir konnten noch nicht das gesamte Potenzial des Rovers ausschöpfen.
Trotzdem konnten wir einige besondere Gegenstände finden und auch ein paar interessante Fotos von den Lavatunneln machen. Die Lavatunnel wirkten auf den ersten Blick sehr interessant für ein Habitat, allerdings sind sie auf dem Mars-Yard vermutlich doch etwas zu klein …
Ein paar Stunden später stand der Maintenance Task an. Hierbei muss der Rover mit Hilfe des Arms verschiedene Schalter umlegen, die Spannung in einer Steckdose messen und einen LAN-Stecker einstecken.
Dieses Jahr konnten wir unsere Inverse Kinematik rechtzeitig zum Laufen bringen und auch schon vor der ERC testen und waren somit zuversichtlich, ein gutes Ergebnis zu erzielen und so ging es auf zum Maintenance Board.
Nach einer kurzen Einweisung und dem Aufbau der Bodenstation ging es auch schon los und die ersten Knöpfe wurden gedrückt. Die Kommunikationsprobleme aus dem Science Task waren diesmal behoben, allerdings machte der Roboterarm kurz darauf Dinge, die er nicht tun sollte. Vermutlich war bei der Initialisierung der unterschiedlichen Achsen ein End-Stopp nicht erreicht worden und die Encoder somit nicht korrekt initialisiert. Damit war es leider nicht mehr möglich, alle Elemente zu erledigen, allerdings konnten wir dennoch einige Punkte einsammeln.
Im Anschluss an den Task begannen die Organisatoren, den Zeitplan umzubauen, da für den Samstag durchgehend starker Regen vorhergesagt wurde, was die Tasks gefährden könnte. Der Plan sah somit vor, dass alle Tasks am Freitag erledigt werden sollen – bis weit nach Mitternacht – und somit der Samstag als Wettkampftag nicht mehr gebraucht wurde.
Da wir allerdings dieses Jahr ein relativ wasserfestes Design entwickelt hatten und für die restlichen beiden Tasks keine Autonomie vorgesehen war, entschieden wir uns in Absprache mit den Kampfrichtern, trotzdem am Samstag anzutreten. Im Falle von Regen wurde uns erlaubt, ein Pavillon-Zelt über den Rover zu halten.
Mit diesem Wissen im Kopf ging es wieder zurück zur Unterkunft, um etwas stark benötigten Schlaf nachzuholen.
Tag 3 – Samstag (10. September 2022)
Tag 3 begann erneut mit dem Versuch alles aus MEROPE rauszukitzeln, was möglich war. Dafür haben unseren Programmierer keine Kosten und Mühen gescheut, um die Effektivität ihrer Arbeit zu erhöhen.
Gleichzeitig hat sich die Mechanik-Abteilung auf die bevorstehende Sintflut und MEROPEs Umfunktionierung zu einem Amphibienfahrzeug beschäftigt. Nach einigem Überlegen kam man zu dem Entschluss, dass Frischhaltefolie das Mittel der Wahl sein muss.
Kurzerhand wurde MEROPE also wasserfest verpackt. Nach dem Wiegen ging es mit Ehrengeleit für MEROPE zum Mars-Yard.
Auf dem Mars-Yard angekommen, wurde uns das Ausmaß der Umstände erst wirklich klar. Aber wir waren zuversichtlich, dass der Rover dem Wetter standhält – MEROPE ist schließlich nicht aus Zucker!
Bei dem anstehenden Navigation-Task muss der Rover bestimmte Wegpunkte anfahren und anschließend wird der Abstand zwischen Wegpunkt und Rover gemessen. Werden dabei Kameras benutzt, gibt es einen Malus, allerdings war unsere Autonomie nicht ganz fertig geworden und durch den schützenden Pavillon sowieso nicht nutzbar, wodurch wir diesen Punktabzug in Kauf nehmen mussten.
Gleichzeitig kam uns allerdings auch das neue Antriebskonzept zugute. Im Gegensatz zu ELECTRA hat MEROPE die Antriebsmotoren nicht in der Radnabe, sondern höher gesetzt auf den Bogie-Hubs. Damit kann MEROPE durch knapp 30 cm tiefes Wasser fahren, bevor Wasser mit Elektronik im Chassis in Berührung kommt.
Trotz der Umstände hat MEROPE den ersten Einsatz im Wasser erfolgreich gemeistert. Wir konnten alle Punkte anfahren und bei vier von fünf Punkten standen wir sogar perfekt darauf.
Nicht nur die Entscheidung bei Regen zu fahren, sondern auch der Einsatz des Teams gerade auf dem Mars-Yard hat zu viel Zuspruch geführt und wird uns allen bestimmt noch lange in guter Erinnerung bleiben.
Für den nächsten Task – den Probing and Sampling Task – müssen die Rover kleine Messsonden an bestimmten Orten auf dem Mars-Yard auswerfen. Anschließend sollen noch Bodenproben gesammelt und gewogen werden.
Für diese Aufgabe musste der Arm wieder angebaut und der Rover – diesmal mit Arm – wasserfest gemacht werden.
Während des Tasks mussten wir einen der Wasser-durchflossenen Krater durchfahren und sind direkt einem anderen Rover begegnet. Zum Glück waren wir deutlich größer und schwerer und hatten somit Vorfahrt. Der kleinere Rover – LEO – wird von den Remote Teams genutzt, welche für den Remote Wettkampf keinen eigenen Rover bauen, sondern einen industriellen Rover programmieren und aus der Heimat fernsteuern.
Damit wir etwas Zeit während des Tasks sparen können, haben wir nicht den Greifer auf den Arm montiert, sondern direkt die Schaufel. Um dennoch die Messsonden auswerfen zu können, wurden sie so angebaut, dass man sie quasi mit einem sanften Golf-Schlag aus ihrer Halterung auswerfen konnte. Das ganze klappte ziemlich gut und wir konnten alle Messsonden an ihre vorbestimmten Plätze bringen.
Einer der Orte lag dabei sogar unter Wasser, während ein anderer nahe der Spitze des großen Vulkans war.
Nachdem alle Messsonden ausgeworfen waren, ging es weiter zum Sampling – dem Aufnehmen von Bodenproben. Hierbei kam es allerdings zu Schwierigkeiten, als der Greifer auf den harten Boden stieß. Dadurch, dass der Boden so fest war, hat der Motor zum Schließen der Schaufel zu viel Energie benötigt und somit jedes Mal die Strombegrenzung ausgelöst. Dadurch ging auch die Energie für den RaspberryPi des Arms aus und er musste neu gestartet werden.
Unabhängig davon konnten wir dennoch einen erfolgreichen Task zu Ende bringen und somit auch die technischen Tasks der ERC 2022 erfolgreich abschließen.
Bevor die traditionelle Party am Samstagabend mit den Veranstaltern und anderen Teams anstand, gab es für uns noch den letzten Task – den Presentation Task. Hierbei stellt jedes Team seine Projektplanung und Umsetzung vor und erhält die Möglichkeit, der Jury Feedback zu dem Wettkampf zu geben.
Für die Präsentation und die Diskussionsrunde sind jeweils etwa 20 bis 30 Minuten vorgesehen.
Nachdem alle Disziplinen beendet waren, ging es auf zum Kosmos Club in der Echo-Galerie direkt hinter dem Gelände der Politechnika.
In einem etwas lauten, aber dennoch sehr kollegialem Umfeld konnten wir die ersten Erfahrungen Revue passieren lassen und uns direkt mit den Mitgliedern anderer Teams austauschen.
Tag 4 – Sonntag (11. September 2022)
Nach einer längeren Nacht begann der Sonntag ganz entspannt mit dem Mittagessen in einer typischen polnischen Gaststätte. Im Angebot standen neben diversen Pierogi auch Kartoffelpuffer und andere Spezialitäten. Dank eines unserer Mitglieder, welches Polnisch spricht, konnten wir problemlos alle 20 Teammitglieder auf den gerade so ausreichenden Plätzen unterbringen und vor allem die Bestellung erfolgreich durchführen. An dieser Stelle noch einmal ein besonderes Danke an unseren David, der uns durch seine Sprachkenntnisse den Aufenthalt in Polen erleichtert hat!
Im Anschluss an diese Stärkung ging es wieder zum Mars-Yard, wo neben dem Aufräumen der Teamzone noch diverse Fototermine und natürlich die Siegerehrung am Nachmittag anstanden.
Für das Teilnehmer-Foto versammelten sich alle Teams auf dem großen Vulkan des Mars-Yard, wobei wir uns den Platz auf der Spitze sichern konnten.
Anschließend gab es die Möglichkeit noch auf dem Mars-Yard zu fahren und Fotos und Erfahrungen zu sammeln, sowie natürlich in den Austausch mit den anderen Teams zu treten. Dabei ist es immer wieder schön zu sehen, wie andere Teams an die Herausforderung herangehen und bestimmte Probleme lösen. Auch interessant ist es, zu sehen, wie groß die anderen Teams sind. Kleinere Teams mit teilweise weniger als 15 Leuten haben oftmals andere Lösungsansätze als Teams mit über 70 Mitgliedern!
Für die Siegerehrung haben sich alle Teams, Freiwillige und Organisatoren in der Aula versammelt. Nachdem ein paar offizielle Worte gesprochen und den zahlreichen Sponsoren und Förderern gedankt war – Danke an der Stelle auch von uns! – ging es zur Auszeichnung der besten Tasks. Hierbei wird für jeden der 5 Tasks ein Team gekürt, welches bei dieser Aufgabe durch besondere Exzellenz geglänzt hat. Dabei muss nicht zwingend das Team mit den meisten Punkten gewinnen, auch wenn natürlich gute Ansätze häufig auch mit vielen Punkten einhergehen.
Die Ergebnisse sind dabei:
Presentation – ITU Rover Team (Türkei)
Maintenance – Frankfurt Robotics Science Team (FROST) (Deutschland)
Science – ERIG e.V. (Deutschland)
Navigation – EPFL Xplore (Schweiz)
Probing – Star Dresden e.V. (Deutschland)
Wir konnten es selbst kaum glauben und hatten es tatsächlich geschafft und einen der Preise gewonnen!
Weiter ging es mit der Gesamtplatzierung. Hier konnte sich das Team AGH Space Systems aus Polen mit ihrer langjährigen Erfahrung bei Rover-Wettkämpfen den ersten Platz sichern. Mit der EPFL Xplore aus der Schweiz konnte ein noch sehr junges Team, was wie wir zum zweiten Mal teilnahm – einen wirklichen starken zweiten Platz gewinnen. Und der dritte Platz ging an das Team ITU Rover Team aus der Türkei.
Glückwunsch an die Sieger dieser Challenge!
Im Anschluss wurden auch noch die Gesamtplatzierungen und Punktzahlen der einzelnen Teams veröffentlicht.
Dieses Jahr gab es für uns 660 Punkte und somit erneut einen soliden 5. Platz in der Gesamtplatzierung!
Platz | Team | Punkte |
---|---|---|
1 | AGH University of Science and Technology Poland | 942 |
2 | EPFL Xplore Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (Swiss Federal Institute of Technology Lausanne) Switzerland | 854 |
3 | ITU Rover Team Istanbul Technical University – İstanbul Teknik Üniversitesi Turkey | 752 |
4 | IMPULS Politechnika Świętokrzyska; Kielce University of Technology Poland | 732 |
5 | STAR Dresden e.V. Technical University Dresden, Technische Universität Dresden Germany | 660 |
6 | FHNW-Rover University of Applied Science and Arts Northwestern Switzerland FHNW, School of Engineering HT – Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW, Hochschule für Technik HT Switzerland | 630 |
7 | Frankfurt Robotics Science Team (FRoST) Frankfurt University of Applied Sciences, Hochschule Frankfurt Germany | 549 |
8 | Team Interplanetar Bangladesh University of Engineering and Technology (BUET) , বাংলাদেশ প্রকৌশল বিশ্ববিদ্যালয় Bangladesh | 494 |
9 | UPC Space Program GRASS Universitat Politècnica de Catalunya Spain | 478 |
10 | Yıldız Rover Yildiz Technical University, Yıldız Teknik Üniversitesi Turkey | 466 |
11 | ERIG Braunschweig University of Technology, Technische Universität Braunschweig Germany | 464 |
12 | BEARS Technische Universität Berlin Germany | 458 |
13 | Sapienza Technology Team Sapienza university of Rome – Sapienza università di Roma Italy | 456 |
14 | Space Concordia Robotics Concordia University Canada | 447 |
15 | SKA Robotics Warsaw University of Technology (Politechnika Warszawska) Poland | 432 |
16 | Project RED Università degli studi di Modena e Reggio Emilia (University of Modena and Reggio Emilia) Italy | 389 |
17 | DIANA Polytechnic of Turin – Politecnico di Torino Italy | 376 |
18 | IUT Mars Rover – Team Avijatrik Islamic University of Technology, ইসলামিক ইউনিভার্সিটি অব টেকনোলজি Bangladesh | 356 |
19 | KNR Rover Team Warsaw University of Technology – Politechnika Warszawska Poland | 173 |
Nach der Siegerehrung konnten wir noch ein paar Profilbilder machen und sind dann wieder (mit Umweg über Pacman-Pizza) zu unserer Unterkunft gefahren.
Tag 5 – Heimfahrt (11. September 2022)
Am Montag stand wieder die lange Heimreise an. Gut ausgeschlafen und mit einem Pokal in der Tasche ging es wieder zurück nach Dresden.
An dieser Stellen möchten wir uns bei unseren Sponsoren und Unterstützern bedanken, ohne die dieser Erfolg und die dazugehörigen Erfahrungen nicht möglich gewesen wären!
Die ersten Gedanken für die ERC 2023 sind schon entstanden und wir freuen uns auf ein weiteres spannendes Jahr voller Rover-Entwicklung!
Text: Lucas Nöller
Fotos: Taddeus Ehrhardt, David Moll, Lukasz Widziszowski (ERC)