Der Weltraumaufzug
Trotz großem Fortschritt in der Raumfahrttechnik kostet es über 2000 Euro, um ein Kilogramm Nutzlast in den niedrigen Erdorbit zu befördern. Die Raketen sind selten wiederverwendbar und tragen zum Problem des Weltraumschrotts bei. Hinzu kommen die Umweltbelastung durch zumeist fossile Treibstoffe und die potentiell katastrophalen Folgen einzelner technischer Defekte.
Die Erforschung und langfristig auch die Besiedelung anderer Himmelskörper wird dadurch stark behindert. Es werden dringend neue Konzepte für eine finanziell und ökologisch nachhaltigere Infrastruktur benötigt.
Eine solche bildet der Weltraumaufzug. Neben der drastischen Kostenreduktion sind hier der risikoärmere Betrieb und die Emissionsfreiheit hervorzuheben.
Der grundlegende Aufbau ist schnell erklärt, die Dimensionen dennoch beeindruckend. In der Nähe des Äquators wird ein ca. 36000 km langes Seil zu einer Raumstation gespannt, die sich oberhalb des geostationären Orbits befindet. Deren Fliehkräfte erhalten die Spannung des Seils, an dem dann Kabinen, meist Climber genannt, ähnlich eines Fahrstuhls auf- und abfahren. Dieses Prinzip kann nicht nur auf der Erde, sondern auch auf dem Mond oder Mars Anwendung finden.
Das größte Hindernis in der Umsetzung eines solchen Weltraumaufzuges ist, dass kein Seil hergestellt werden kann, dass den hohen Beanspruchungen stand hält.
EUSPEC
Mit der EUSPEC (European Space Elevator Challenge) bietet die WARR an der TU München regelmäßig Schülern und Studenten aus aller Welt die Möglichkeit, selbstentwickelte Konzepte zu testen und sich mit anderen Teams auszutauschen und zu messen.
Das Seil führt hierbei jedoch nicht zu einer Raumstation, sondern wird in in 100m Höhe an einem Kran befestigt. An diesem müssen sich die Climber bewegen, während sowohl die benötigte Zeit als auch das Verhältnis von Nutzlast zu Leergewicht bewertet wird. Eine weitere Herausforderung stellt die geforderte Autonomie dar, da der Aufzug selbstständig seine Fahrt steuern und die Haltezone erkennen muss. Gleichzeitig überträgt er Telemetriedaten zu einer Bodenstation.
Unser Climber
Für die Beschleunigung sorgt ein kraftvoller 6.5kW Motor, der über ein einstufiges Getriebe einen Zahnriemen antreibt. Dieser wird von einem Anpressmechanismus reibschlüssig am Band gehalten. Zur Verkürzung des Bremsweges wird eine Scheibenbremse eingesetzt.
Bei der Konstruktion orientieren wir uns an Prinzipien des Leichtbaus, wie der Topologieoptimierung und der Nutzung von Leichtbaumaterialien wie Kohlenstofffaser-verstärktem-Kunststoff sowie spezieller Aluminiumlegierungen.
Diverse Sensoren messen während der Fahrt die Temperatur kritischer Bauteile und die Relativbewegung zum Band, woraus Schlupf und die aktuelle Position abgeleitet werden können, und tragen so zu einem sicheren Betrieb bei.
Die Haltezone wird optisch erkannt. Durch eine kontinuierliche Verbindung zur Bodenstation können die Messdaten auch während der Fahrt ausgelesen werden. Laut Berechnungsmodell können wir mit einer Beschleunigung von 9,2 ms-2 eine Gesamtzeit von unter 6 Sekunden anstreben.
Die Kampage 2024
Die Zeit vor der Kampagne war durch einige Schwierigkeiten geprägt. Zum einen konnte der Informationstechniker des Teams bedingt durch seine Diplomarbeit nur wenig Zeit für das Projekt aufbringen. Da hier kurzfristig kein Ersatz vorhanden war, bestand das Team hauptsächlich aus Leon Kalbitz und Aaron Troll. Zum anderen brach zu Beginn der Fertigungsphase ein Großteil der finanziellen Mittel und damit verbunden auch der Zugang zu einer Werkstatt weg.
Der mehrtägige Wettkampf in München wurde mit einem informativen Vortrag über die Potentiale und Hürden der Konstruktion eines realen Weltraumaufzuges eingeleitet. Außerdem gab es die Möglichkeit, die anderen Arbeitsgruppen kennenzulernen und sich über Konzepte und Arbeitsstände auszutauschen. Der Climber der TU München, deren Team mit 15 Mitgliedern das größte war, basierte auf einem Vorgängermodell und war für höhere Nutzlasten ausgelegt, als in dieser Veranstaltung vorgesehen waren. Außerdem war ein zweiköpfiges Team aus Japan und eine Schülergruppe aus Wiesbaden vertreten.
Bei dem Austausch stellte sich heraus, dass keines der Teams zum Start der Wettkampfwoche einen funktionierenden Climber vorstellen konnte. Wie sich später herausstellte, hatten sowohl das Münchener als auch das Dresdner Team aufgrund der Wahl des Motortreibers die gleichen Softwareprobleme. Die Situation entfachte einen kleinen internen Wettbewerb, welches Team das Problem zuerst lösen könne. Schlussendlich konnten beide Teams ihre Motoren ausschließlich durch die Zusammenarbeit und des gegenseitigen Austauschs von Erkenntnissen zum Laufen bringen.
Programmpunkte wie gemeinsame Mahlzeiten und Vorträge bereicherten die Tage vor dem eigentlichen Wettkampf. In der übrigen Zeit trafen sich die Teams in der Werkstatt oder dem Makerspace, um bis spät in die Nacht an den verbliebenen mechanischen, elektronischen und softwaretechnischen Herausforderungen zu arbeiten.
Noch am Tag des Wettkampfes wurden bis kurz vor dem vorgesehenen ersten Zeitfenster elektronische Komponenten integriert. Dieser erste Start musste leider verschoben werden, da die optische Banderkennung aufgrund veränderter Umweltbedingungen keine Brauchbaren Messwerte lieferte. Hierdurch war es erforderlich, den Programmablauf zumindest provisorisch anzupassen. Zusätzlich traten softwareseitig Schwierigkeiten bei der Erkennung des Drehencoders auf, wodurch die vorgesehene Strategie zur Motorregelung verworfen werden musste.
Im zweiten und letzten Zeitfenster gelang es dem Team der STAR Dresden dann aber tatsächlich, einige Meter der der Strecke zu überwinden! Leider führten die begrenzten Fertigungsmöglichkeiten zu gewissen Maßungenauigkeiten, wodurch das Band teilweise aus seiner Führung auswanderte und die Anpressrollen den Kontakt verloren. Trotz der aufgetretenen Rückschläge konnte die STAR Dresden zahlreiche Erfolge für sich beanspruchen. So erzielte ihr Climber die längste gefahrene Strecke, die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit sowie das geringste Gewicht.
Der studentische Wettkampf in München war ein beeindruckendes Beispiel für den Innovationsgeist und die Entschlossenheit der Teilnehmenden. Trotz vieler technischer Probleme zeigten die Studenten, wie wichtig Teamarbeit und gemeinsames Problemlösen sind.