Bericht REXUS Kampagne 2023 – S Cephei

Fast vier Jahre nach unserem Letter of Intent für die Teilnahme am REXUS Programm mit dem Experiment S Cephei 2019 stand Ende März 2023 endlich die lang ersehnte und schon zweifach verschobene Startkampagne in Esrange, Schweden, an. Sechs Mitglieder unseres Teams wurden zum Esrange Space Center eingeladen, um die letzten Vorbereitungen an unserem Experiment durchzuführen und den Start zu begleiten. 

Am 21. März reisten wir von Dresden über Stockholm bis nach Kiruna in Nordschweden. Neben uns sind auch die Studierendenteams Deadalus2 der Universität Würzburg, HERMESS der Universität der Bundeswehr München, ECRIDA der University Politehnica Bucharest und RaPTeX der Arctic University of Norway angereist. Für die zeitgleich stattfindende REXUS30 Kampagne waren außerdem die Teams IMFEX der RTWH Aachen, µMoon der FH Aachen, B2D2 des Royal Institute of Technology Stockholm und ASTER der Luleå University of Technology da. Man kannte sich bereits aus vorherigen Reviews und Events im Rahmen des REXUS Programms und so war es ein freudiges Wiedersehen. Mit dem Bus ging es vom Flughafen zum Esrange Space Center etwa 45 km außerhalb von Kiruna.

Da es sich bei Esrange um ein ziviles Sperrgebiet handelt, mussten wir uns am Eingangstor erst die Ausweise abholen, welche uns dann Zutritt zu allen Räumlichkeiten verschaffen, die unserer Sicherheitsstufe entsprechen. Zudem wurden die durchaus strengen Sicherheitshinweise erläutert. Diese beinhalten beispielsweise das absolute Fotoverbot von Antennen und Satellitenschüsseln.

Kurz nach Mitternacht haben wir es endlich in das charmante Hotel Aurora (das Gästehaus in Esrange) geschafft, wobei wir schon beim Aussteigen aus dem Bus die ersten Polarlichter sehen konnten.

Am nächsten Tag stand nach dem Frühstück das erste morgendliche Meeting an, in dem wir eine detaillierte Einweisung in die Durchführung der Startkampagne erhalten haben. Für die Organisation und Durchführung des Starts sowie für die Unterstützung der Studierenden-Teams waren mehrere Institutionen vor Ort beteiligt: ESA, DLR, MORABA, SSC und das ZARM Bremen, sowie natürlich alle Teams. Nach der Einführung ging es in den Dome, eine sehr große Halle, in der wir die Möglichkeiten hatten, unser Experiment zu sichten und nach seiner langen Reise wieder in Betrieb zu nehmen.

Das Experiment hatte den Transport gut überstanden, jedoch war die verwendete Lichtleiterplatte zerbrochen. Das Ersetzen der Beleuchtung mit den nur sehr spärlich vorhandenen Ersatzteilen füllte auch noch den nächsten Tag. Dennoch war das Ergebnis sehr überzeugend! Man könnte fast meinen, es war besser als zuvor.

Die Hintergrundbeleuchtung mit Fasertape funktioniert besser als zuvor (Bild: S Cephei)

Am Abend des zweiten Tages fand der Start der BROR Mission auf einer Höhenforschungsrakete (etwa 250 km Flughöhe) statt, welche in mehreren Impulsen eine Art künstliches Polarlicht durch das Ausstoßen von Substanzen erzeugte. Das Ganze ähnelt dabei einem übergroßen Feuerwerkskörper. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen möchten damit weitere Erkenntnisse über das Space Weather und Winde in großen Höhen gewinnen. Auch für uns als Beobachter war es sehr schön anzusehen, wie viele bunte Punkte nach und nach am Himmel auftauchten.

In den folgenden drei Tagen finalisierten wir die Vorbereitung des Experimentes S Cephei. Dies beinhaltete auch das Befüllen der vier Kammern mit der bereits in Dresden gemischten CNT-Suspension. Das fertige Experiment war dann bereit für die Kommunikations- und Timeline-Tests mit den anderen Experimentmodulen und dem Bordcomputer. Diese Abläufe wurden sehr oft durchgeführt, damit Fehler und Probleme während des richtigen Starts ausgeschlossen werden können. Alle Tests waren erfolgreich, wodurch die Payloads der Rakete endgültig zusammengeschraubt werden konnten.

REXUS29 während des Kommunikationstest (Bild: S Cephei)

Am 27. März trafen sich alle an der Kampagne Teilnehmenden um 5 Uhr morgens im Dome für ein Gruppenfoto. Die beiden fertig zusammengebauten Raketen waren zum letzten Mal zu sehen, bevor sie zum Startkomplex transportiert und mit den Raketenmotoren verbunden wurden. Das frühe Aufstehen zeichnete von nun an die restliche Zeit in Schweden aus, da die vielen (Test-)Countdowns noch weit vor dem Sonnenaufgang gestartet wurden, um ein möglichst flexibles Startfenster zu haben. Dies betraf insbesondere die Personen, die unsere Groundstation betreiben durften.

(fast) Alle Beteiligten der REXUS29/30 Kampagne (Bild: ESA/Jeffrey Gorissen)

Nach der Experimentübergabe nahm die Anspannung etwas ab und wir konnten das Warten auf die Raketenstarts entsprechend der schwedischen Gegebenheiten genießen. Insbesondere auch der Austausch mit den anderen Studierenden und Mitarbeitenden der betreuenden Institutionen brachte viel neue Inspiration. Gerade dies macht das REXUS/BEXUS Programm aus.

Um unsere Lieblingsstadt in Sachsen mit Respekt und Ehre zu vertreten, haben wir den besten uns bekannten Designer des Teams S Cephei beauftragt, um ein Logo für die diesjährige Kampagne zu entwerfen. Der Ausgeschriebene Logowettbewerb versprach unglaublichen Ruhm. Unser Design stieß auf sehr große Resonanz – gerade bei den deutschen Teams und Betreuern:

Unser eingereichtes Logo hat sich gut gegen die Konkurrenz behauptet, konnte sich allerdings am Ende nicht gegen die anderen, auch starken, Logoentwürfe durchsetzen (Bild: S Cephei)

Mit den Arbeiten an der Rakete durch die Experten blieb für uns etwas Zeit für Freizeit. So waren die nächsten Tage für uns geprägt von der idyllischen Schneelandschaft Nordschwedens und dem wieder hervorragenden Essen. Wir konnten einige Runden auf den vorgezogenen Loipen über den Ballon-Startplatz drehen oder auch mal unsere eigenen Bahnen durch die unberührte Schneelandschaft der Wälder ziehen.

Langlauf (Bild: S Cephei)

Auch am Eisfischen haben wir uns versucht. Zumindest das notwendige Loch konnte nach einigem Bemühen erfolgreich in das einen halben Meter dicke Eis gebohrt werden. Die Fische wollten dann aber nicht so recht beißen. Daher blieb es bei Schneewanderungen über die vereisten und verschneiten Flussläufe. Für die körperliche Ertüchtigung war entsprechend gesorgt.

Das winterliche Schweden (Bild: S Cephei)

Zum Zeitvertreib mit Lerneffekt gab es außerdem Anekdoten-gefüllte Vorträge von Koen zur Arbeit bei der ESA. Die kurzweiligen und gut besuchten Veranstaltungen erlaubten interessante bis skurrile Einblicke in unterhaltsamer Manier. Außerdem gab es die Möglichkeit, den Teststand von Isar Aerospace zu besuchen. In Kiruna möchte das deutsche Unternehmen seine entwickelten Triebwerke testen und wir durften erste Blicke auf den Teststand werfen.

Abends ging der Blick immer auf die Aurora-Vorhersage mit der Hoffnung, das beeindruckende Naturspektakel nochmal einzufangen. Die ersten Abende konnten aber wahrlich nicht mehr übertroffen werden. Stattdessen wurde oft die vorhandene Sauna mit dem ein oder anderen Schneeaufguss ausgenutzt.

Polarlichter (Bild: S Cephei)

Am 29. März konnten wir den Start von REXUS30 miterleben. Um 5 Uhr morgens wurden wir per Auto und Bus auf den Radar Hill gefahren, von dem es eine wunderbare Aussicht auf den Startkomplex gab. Es galt dann nur noch eine Stunde in der eisigen Kälte bei etwa -10°C zu warten, bis endlich die Warnsirene ertönte. Das ist das Signal, dass es nur noch 15 Minuten bis zum Start sind. Der Start war erfolgreich und echt beeindruckend! Den Start einer echten Rakete aus so geringer Entfernung zu erleben, unterscheidet sich wirklich von den Eindrücken, die man aus Videos kennt! Zurück im Dome erhielten wir erste Informationen, wie die Experimente der anderen Teams gelaufen sind.

Am nächsten Tag stand der Rollout von REXUS29 an. Das heißt, wir hatten die Chance, die Rakete mit integriertem Raketenmotor zu sehen, bevor sie endgültig in das Startgebäude gebracht wird. Außerdem gab es eine Tour des Skylark Launch Towers und des erneuerten Gebäudes für die Raketenmontage. Am Nachmittag war es auch für uns an der Zeit, per Unterschrift zu bestätigen, dass unser Experiment ganz offiziell bereit für den Start ist. Dies geschah in einer fast zeremoniellen Sitzung, in der alle Teamchefs auf dem Startvertrag unterschrieben.

Der erste Startversuch wurde wie erwartet aufgrund zu hoher Winde abgesagt. Der Wetterballon, der vor dem Raketenstart losgelassen wurde, hatte eine beachtliche laterale Bewegung. Ein Start an diesem Tag war ausgeschlossen. Am nächsten Tag, dem 1. April, erfolgte dann der aussichtsreiche zweite Versuch. Unsere motivierte Crew der Bodenstation durfte auch an diesem Tag von Anfang an ihre wichtigen Aufgaben wahrnehmen. Getrieben von ihrem Forschungswillen drückten sie die Knöpfe, die gedrückt werden mussten. Sagten die Sachen, die gesagt werden mussten.

Die bemannte S Cephei Groundstation (Bild: ESA/Jeffrey Gorissen)

Kurz vor Start wurde wieder ein Wetterballon gestartet. Anders als am Vortag glitt dieser angeschienen von der aufgehenden Sonne fast senkrecht in den wolkenlosen Himmel. Wenige Minuten später folgte die Rakete mit unserem Experiment. Schnell verschwand sie in den Höhen und wir gingen frühstücken.

REXUS 29 Launch (Video: Jeffrey Gorissen)

Am Mittag sahen wir dann unser Experiment wieder. Zusammen mit den anderen Experimenten wurde die Payload von einem Helikopter vor dem Dome abgelegt. Die Anspannung aller war groß, endlich die Experimente nach jahrelanger Entwicklungszeit zu inspizieren. Unser Experiment sah sowohl äußerlich als auch nach dem aufwändigen Auseinanderschrauben überraschend intakt aus. 

Die wichtigsten Daten, die Videoaufzeichnungen der Kameras, wurden gesichert und gleich gesichtet. Die Aufzeichnung aller sechs Kameras hat funktioniert. Da die erwarteten Ergebnisse nicht direkt beobachtet werden konnten, wurden sofort Untersuchungen gestartet. Ein Ergebnis steht hier allerdings noch aus.

Die per Helikopter geborgene Payload der REXUS29 Rakete (Bild: ESA/Jeffrey Gorissen)

Anschließend wurde das Experimentmodul wieder transportgerecht vorbereitet und verpackt. In einem Meeting wurden von allen Teams die vorläufigen Experiment Ergebnisse vorgestellt, welche ein breites Spektrum an Erfolgen aufzeigten.

Der letzte Abend beinhaltete traditionell auch das Kampagnen-Dinner, bei dem alle Teilnehmer der Kampagne in entspannter Atmosphäre Spezialitäten der schwedischen Küche genießen. Dabei wurden noch einige zusammenfassende Schlussworte und Reden gegeben und die Teams erhielten eine Kampagnen-Urkunde. Abschluss des letzten Abends sollten die vorbereiteten Sketche der einzelnen Teams sein. Die lustigen Anekdoten, pointierten Theaterstückchen und engagierten Einlagen ergänzten wir um ein akustisch-visuelles Meisterwerk der zeitgenössischen Kunst.

Am 2. April ging es nach elf vollen, aber spannenden und zum Teil auch erholsamen Tagen zurück nach Dresden. Nun steht noch die Auswertung der aufgezeichneten Messdaten an.
An dieser Stelle möchten wir uns bei allen Mitarbeitern der zahlreichen Raumfahrtorganisationen bedanken, die es Studierenden aus ganz Europa ermöglichen, solche Erfahrungen zu sammeln. Dieser Programmzyklus wird uns auch aufgrund der mehrfachen Verschiebungen aufgrund von Corona sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben, aber umso dankbarer sind wir, dass die Kampagne trotzdem noch stattfinden konnte! Mehr Informationen zum REXUS/BEXUS Programm finden sich auf der offiziellen Webseite.

Autor: Jonathan Bölk

S Cephei Zarm Team

S Cephei ZARM Fallturmkampagne 2021

S Cephei Zarm Team
Bild 1: Ein Teil des S Cephei Teams mit einer Fallturm-Kapsel

Auch an Team S Cephei ging Corona nicht spurlos vorbei. So wurde uns im Frühjahr 2020 mitgeteilt, dass die REXUS Kampagne leider um ein Jahr verschoben werden muss. Eine ernüchternde Nachricht, da das Experiment bereits auf einem guten Weg war, einsatzbereit zu sein. Doch aufgrund des fortgeschrittenen Entwicklungsstandes des Experiments bot uns das ZARM aus Bremen die Möglichkeit an, das Experiment vor dem eigentlichen Raketenflug in ihrem Fallturm zu testen und so bereits erste wissenschaftliche Daten zu sammeln.

Das Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) ist einer der Organisatoren des REXUS/BEXUS Programms. Das Institut verfügt über einen 146 m hohen Fallturm, in dem Experiment bis zu 9,8 s Mikrogravitation ausgesetzt werden können. Diese kurze Zeit eignet sich auch für unser Experiment, da der Ausrichtvorgang von CNTs (Carbon Nanotubes) bei bestimmten Leistungsparametern nicht viel länger als ein paar Sekunden dauert. Zwar müssen wir uns aufgrund der kurzen Mikrogravitation und begrenzter elektrischer Leistung auf die Hälfte der Kammern begrenzen, doch durch die hohe Wiederholbarkeit von bis zu zwei Flügen pro Tag war die Fallturmkampagne eine willkommene Möglichkeit, das Experiment perfekt auf den Flug in der Höhenforschungsrakete in Kiruna vorzubereiten.

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Die Kampagne lief vom 10. bis 22. Mai 2021. Das Experiment wurde bereits in der Woche vor der Kampagne nach Bremen geschickt. Die Teammitglieder Robin, David, Jonathan und Joshua folgten dem Experiment dann am 9. Mai nach Bremen. Untergebracht waren wir in Apartments des 7THINGS-Hotels, welches sich zentral auf dem Uni Campus befindet und nur 5 Minuten vom ZARM entfernt ist.

S Cephei Zarm Fallturm
Bild 2: Der 146 m hohe Fallturm des ZARM

Die erste Woche war für das Testen und die Integration des Experiments eingeplant.
Das PoC (Pillars of Creation) System, der von STAR entwickelte Elektronik-Standard, wurde bereits vor der Kampagne auf Funktionalität getestet, aber  noch nie tatsächlich verwendet. Hierbei galt es die Geduld zu bewahren, da sich die Inbetriebnahme aufgrund bisweilen unbekannter Probleme verzögerte. Durch das modulare Prinzip von PoC erforderte die Fehlersuche ein gewisses Maß an Präzision, zugleich konnten gefundene Fehler aber in kürzester Zeit durch Ersetzen des beschädigten Moduls behoben werden. Als die Hard- und Software schließlich einsatzbereit waren, stand dem Einbau des PoC Stapels nichts mehr im Weg. Gesteuert wurde das Experiment über die Bodenstation des ZARM, welche direkt mit der Kapsel im Fallturminneren in Kontakt stand.

Neben der Arbeit am Projekt blieb natürlich auch Zeit, die Stadt Bremen zu besichtigen. Die Bremer Altstadt hat neben imposanter Architektur auch einige naturbelassene Rückzugsorte zu bieten, wie zum Beispiel die Wiesen und Grünanlagen entlang der Weser. Auch der Campus der Universität Bremen bot, durch die Möglichkeit eines Besuchs am nahegelegen Campussee, die Möglichkeit zur Entspannung.

Die zweite Woche in Bremen war die Flugwoche. Los ging es am Montag mit der Kalibrierung unserer Fallturm-Kapsel, in der das S Cephei Experiment eingebaut war. Dabei wurde mit einer speziellen Messeinrichtung der Schwerpunkt der Kapsel festgestellt und durch durch das Anbringen von Massestücken an die gewünschte Position gebracht. Wenn der Schwerpunkt der Kapsel nicht exakt in der Mitte der Kapsel liegt, würde es während des Fallens zu Rotation kommen, was fatale Folgen haben könnte.
Für ein Fallturm-Flug wurde unser Experiment zuerst in die Fallturm-Kapsel, in der auch ein zusätzlicher Bordcomputer für Strom und Kommunikation vorhanden war, eingebaut. Diese Kapsel wurde durch eine Außenhülle luftdicht verschlossen und danach in das Innere des Fallturms gebracht. Im Inneren des Turm ist eine sehr große Vakuumkammer, welche aus einem Raum im Erdgeschoss und der eigentlichen Fallröhre besteht. Der untere Raum beinhaltet die Abschuss- und die Auffangeinrichtung. Unsere Kapsel wurde unten im Fallturm auf das Katapult gehoben und anschließend die Vakuumkammer evakuiert. Da dieser Vorgang ca. 90 Minuten dauert, blieb genug Zeit, um vom Kontrollzentrum aus die Kommunikation zu unserem Experiment herzustellen. Sobald die Kammer luftleer gepumpt war, konnte das hydraulisch betriebene Katapult vorgespannt werden. Danach lag es an uns, den Abschuss über die Bodenstation zu starten. Das Katapult beschleunigt die Kapsel dabei mit bis zu 35g, während der Bordcomputer der Kapsel die Signale der REXUS-Rakete simuliert und unser Experiment somit gesteuert werden kann. Nach ca. 9 bis 10 Sekunden ist die Kapsel wieder sanft im Auffangbehälter gelandet. Dieser mit dämpfenden Styroporkügelchen gefüllte Behälter kann nach dem Katapultschuss über die Abschussvorrichtung schwenken und die Kapsel so wieder auffangen. Sobald der Kammerdruck wieder ausgeglichen war, wurde die Kapsel mit einem Kran aus dem Auffangbehälter gehoben und wir konnten sofort alle Daten auswerten. Jedoch war es aufgrund einer Live Videoübertragung von einer Kamera schon möglich, während des Fluges den Ausrichtvorgang der CNTs zu beobachten.

S Cephei Zarm Kapsel
Bild 3: Unser Experiment im blauen REXUS-Modul integriert in der Fallturm-Kapsel (ohne Außenhülle)

Bereits in Dresden haben wir ausgiebig verschiedene Parameterkombinationen in unserem Experimentaufbau als Referenz getestet und konnten so einen genauen Plan mit den durchzuführenden Experimenten im ZARM aufstellen. Der erste Start sollte eigentlich am Montag Nachmittag stattfinden. Aufgrund von Schwierigkeiten mit dem Bordcomputer der Kapsel mussten wir den ersten Flug schließlich auf Dienstag verschieben. Bei diesem besonders spannenden ersten Flug hat unser Experiment reibungslos funktioniert. Beim zweiten Flug des Tages kam es jedoch zu unerwarteten Komplikationen. Bereits während des Evakuierungs-Vorgangs stellte sich heraus, dass die Kommunikation via WLAN stark verlustbehaftet war. Auch ein Neustart der Kommunikationsanlagen konnte dieses Problem nicht beheben. Es kam aber sogar noch schlimmer, als bei unserem routinemäßigen Testdurchlauf ein fehlerbehafteter Befehl das Programm beschädigte. Das Programm neu zu kompilieren und auf den Bordcomputer zu kopieren, schlug aufgrund der schwachen Verbindung zur Kapsel fehl. Dies lag unter anderem daran, dass das Katapult bereits im Spannvorgang war und die Kapsel somit in der Röhre des Katapults verschwunden war, was die Qualität der Verbindung nicht verbesserte. Das Katapult darf maximal zwei Minuten gespannt bleiben, weil ansonsten das Hydrauliköl zu warm werden würde. Alle Versuche das Experiment flugfähig zu bekommen schlugen in dieser Zeit fehl, weshalb wir den Flug ohne ein laufendes Experiment starten mussten.

Dieser Fehlschuss machte uns klar, dass wir auch die Zeit vor dem Abschuss nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten. Von da an wurde vor den kommenden Flügen die Software mit Ethernet-Kabel auf den Bordcomputer kopiert und der Testdurchlauf mit ungespannten Katapult und nur bei guter Verbindung durchgeführt.
Mit dieser gelernten Lektion konnten wir dann am Mittwoch, Donnerstag und Freitag jeweils zwei weitere Flüge durchführen. Besonders spannend und eindrucksvoll waren für uns auch die erlangten Einblicke in die Technik, welche den Fallturmbetrieb ermöglichen. So wurde uns unter anderem die einige Meter unter der Erde liegende Katapulteinrichtung gezeigt und erklärt. Außerdem konnten wir mit dem Aufzug hoch in die Spitze des Fallturms fahren, von der man eine sehr tolle Aussicht über das flache Bremer Land hat.

S Cephei Zarm Fallturm Ausblick
Bild 4: Die Aussicht von der Spitze des Fallturms

Insgesamt konnten wir sieben erfolgreiche Flüge mit jeweils zwei unterschiedlichen Experimentkonfigurationen durchführen. Dieses Ergebnis hat unsere Erwartungen definitiv übertroffen und ist damit ein voller Erfolg! Alle aufgenommenen Videos der Experimente gilt es jetzt auszuwerten, wobei wir für das Tracking der einzelnen CNT Partikel während des Ausrichtvorgangs gerade verschiedene Software-Lösungen testen. Der Bordcomputer der Kapsel hat während der Flüge außerdem einige Flug- und Leistungsparameter aufgezeichnet, wodurch wir nun noch mehr Daten haben, um unsere Systeme für den Flug in Kiruna zu optimieren.
Während der Kampagne haben wir aber nicht nur wissenschaftliche Erkenntnis erlangt, sondern auch viele Kompetenzen im Sinne der Durchführung einer solchen Kampagne gewonnen. Dabei ist für uns die größte Erkenntnis, dass man nie zu viel Tests im Vorraus durchführen kann.

Die Abreise verlief wie geplant und am Freitag Abend fuhr der IC in Richtung Leipzig pünktlich am Hauptbahnhof Bremen ab. Im Zug konnten wir die mehrstündige Reisezeit nutzen, um den erlebnisreichen Aufenthalt in Bremen révue passieren zu lassen.
Bis zur Kampagne in Kiruna ist aber noch einiges zu tun. So muss die Elektronik noch auf ihr thermales Verhalten im Vakuum getestet werden, die Bodenstation muss fehlerfrei laufen und die Beleuchtung der Kammern muss noch einmal überarbeitet werden. Dazu kommen noch kleine Quality-of-Life Improvements auf der Seite der Mechanik und dann steht einem erfolgreichen Start in Kiruna nichts mehr im Weg.

Zum Schluss möchten wir uns nochmal beim ZARM für die Unterstützung sowohl bei REXUS als auch bei dieser Kampagne bedanken. Ohne euch wäre all das nicht möglich gewesen! Die Fallturmkampagne war sehr wertvoll für uns und unser Experiment. Außerdem bedanken wir uns bei allen Mitarbeitern für die Unterstützung bei jeglichen Komplikationen. Wir freuen uns sehr, in der anstehenden Benchtest-Woche wieder am ZARM zu sein und alle Leute wiederzusehen.

S Cephei Training Week 2020

Die diesjährige REXUS/BEXUS Student Trainings Week fand vom 10. bis zum 14. Februar im Esrange Space Center im hohen Norden Schwedens statt, an der auch wir, Mitglieder des S Cephei Teams, teilgenommen haben. Zwei Wochen vorher war die Abgabefrist der ersten Version des SEDs (Student Experiment Documentation), in dem wir einen Entwurf unseres Experimentes vorgestellt haben. Befreit von der Last der Deadline, begann die Vorfreude auf die Trainings Week für die Teammitglieder Alexander, Robin, David und Felix.

Die Anreise am 09. Februar erfolgte von Dresden mit dem Flugzeug über Frankfurt und Stockholm nach Kiruna. Glücklicherweise schafften wir es gerade noch vor dem Sturmtief Sabine aus Frankfurt raus, bevor der Flughafen geschlossen wurde. Ab Frankfurt begleiteten uns bereits eine Vielzahl anderer Teams und Mitarbeiter der organisierenden Strukturen. Der Flug über die Nordsee hatte dann auch den zu erwartenden magen-aufwühlenden Effekt.

Bild 1: Zwischenlandung auf dem Flughafen Frankfurt am Main; Bild: David Conrad

In Kiruna angekommen, brachte uns ein Transferservice die letzten 40 km bis nach Esrange, wo wir unsere Zimmerschlüssel und Sicherheitsausweise am Geländeeingang bekamen und schließlich, nach einem kurzen Mitternachtssnack, erschöpft in die Betten fielen.

Für die viel zu kurze Nacht wurden wir durch den kulinarischen Genuss eines himmlischen Frühstücks entlohnt. An dieser Stelle möchte ich mich im Namen aller beim Küchenteam bedanken, das uns 3-mal am Tag mit den besten warmen Mahlzeiten beglückt hat. Tag 1 der Trainings Week ging los mit ein paar einleitenden Worten zu Sicherheit und Verhaltensregeln, bevor uns schließlich einige wichtige Themen, unter anderem in den Bereichen Systems Engineering, Requirements und REXUS Flight Mechanics nähergebracht wurden. Unterbrochen wurden diese Vorlesungen von ein paar Kaffeepausen, bei denen wir uns mit den anderen Teams austauschen konnten und Bekannte aus dem Selection Workshop wiedergetroffen haben. Hinzu kamen Vorstellungspräsentationen aller REXUS Teams, bei denen grob das Experiment und mögliche Einflüsse auf die Experimente der anderen Teams in der jeweiligen Payload angesprochen wurden.

Der 2. Tag begann nach einem obligatorischen Morgenmeeting mit einem Roundtrip über das Esrange Gelände. Uns wurde das örtliche Museum gezeigt (Bild 2), in dem einige prägende Momente des Esrange Space Center ausgestellt sind (sehr empfehlenswert!).

Bild 2: Robin mit einem Nose Cone; Bild: Felix Scharnhölz

Anschließend ging es zum Ballon Pad, wo wir den Start eines kleinen Höhenforschungsballons erleben durften, ehe uns die Vorbereitungshallen für die REXUS Raketen zur Motor- und Payloadintegration gezeigt wurden. Abschließend besuchten wir den Launchtower der MEXUS Raketen (Bild 3). Auf unserem Rückweg kamen wir dann noch am REXUS Launcher vorbei.

Bild 3: Blick aus der Startposition einer Mexus Rakete nach oben; Bild: Felix Scharnhölz

Es waren an diesem Tag zwar mit -8 °C noch recht warm für einen Februartag in Esrange, aber nichtsdestotrotz freuten sich unsere Finger und Füße nach diesem spektakulären Roundtrip über die Wärme im Dome, der größten Halle auf dem Esrange Gelände, wo die Vorlesungen im Anschluss weitergingen. Es standen Vorlesungen über ein paar BEXUS Systeme auf dem Plan, jedoch hatten wir ab dem Nachmittag unser PDR, auf das wir uns seit der SED Abgabe vorbereitet hatten. Das Board bestand aus Experten zahlreicher Fachrichtungen und Einrichtungen. Mitglieder des ZARMS (Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation) und der ESA (European Space Agency), sowie der MORABA (Mobile Raketenbasis) stellten nach einem 20-minütigen Vortrag unsererseits Fragen und erklärten uns Schwachstellen in unserem Experimentdesign und dem Zeitplan für den Entwicklungsablauf. Insgesamt war das PDR ein voller Erfolg und wir konnten sehr viel Input für die weitere Experimententwicklung mitnehmen. Abends wurde eine Teambuilding Session veranstaltet, bei der es darum ging unter bestimmten Regeln ein Legomodell eines Raumtransporters nachzubauen. (Bild 4) Dabei wurden 10 Teams zusammengestellt, die dann gegeneinander antraten. Eine super Möglichkeit andere Teammitglieder mal ein wenig näher kennenzulernen und neue Bande zu knüpfen.

Bild 4: Teambuilding Session am Dienstag; Bild: SSC Staff

Nachdem wir das PDR nun hinter uns hatten, konnten wir dem Rest der Woche entspannter entgegensehen. Am Mittwoch standen einige subsystem-spezifische Themen auf dem Plan. Unter anderem wurden uns Möglichkeiten und Herangehensweisen nähergebracht, um häufige Probleme im Design der Flight Software zu lösen und das thermale Experimentdesign zu verbessern. Viele hilfreiche Tipps, insbesondere zu Open Source Software, werden uns helfen unser Experiment zu verbessern. Nachmittags standen Projekt- und Risikomanagement auf dem Plan, schließlich besteht ein Raumfahrtprojekt nicht nur aus Berechnungen und Design, sondern auch aus einem organisatorischen Part.

In diesem Sinne ging es am 4. Tag auch weiter mit dem Thema Outreach. Ein wichtiger Bestandteil der RX/BX Projekte ist, dass Teams versuchen Partner in der Industrie und Forschung zu gewinnen, um die Umsetzung der nicht immer günstigen Projekte zu ermöglichen und die Finanzierung neben der Hilfe vom DLR durch das ZARM, zu gewährleisten. Nachmittags stand noch ein wichtiger Termin auf der Agenda, es ging in die „Ask the experts“ – Session. Dabei konnten wir Fragen, die nach den Vorlesungen noch offen waren oder Fragen, die sich durch die Vorlesungen ergeben hatten, an eine Reihe von Experten aus den unterschiedlichen Disziplinen richten. Durch deren hilfsbereites Engagement konnten auch letzte Probleme vorläufig aus dem Weg geräumt werden.

Am letzten Tag ging es hauptsächlich um Organisatorisches zu den kommenden Tests und der abschließenden Missionskampagne im März 2021. Im Juni steht das Critical Design Review auf dem Plan, bis zu dem das Experimentdesign finalisiert sein muss. Anschließend findet das Integration Progress Review Ende August statt, bevor die Systemtests (Vibrationstest beim ZARM, Benchtest bei der MORABA und abschließend der Spin & Balancetest in Esrange) die Qualifikationsphase abschließen. Am Nachmittag besuchten wir Kiruna und das Ice-Hotel (Bild 5) in der Nähe. Mit einem großartigen Farewell Dinner (Pulled Pork vom Rentier), bei dem alle viel Spaß hatten und in gelöster Stimmung die letzten Tagen Revue passieren ließen, und einem letzten Saunabesuch, ging die Trainings Week zu Ende.

Bild 5: Blick über die Anlagen des Ice-Hotels; Bild: Felix Scharnhölz

Die Abreise startete am Samstag sehr früh am Morgen. Zwei Busse brachten uns wieder nach Kiruna zum Flughafen (Bild 6), von wo es über Stockholm und München zurück nach Dresden ging. Die meisten Teams verabschiedeten wir in Stockholm und die letzten deutschen Teams verließen wir in München.

Bild 6: Boarding in Kiruna; Bild: Felix Scharnhölz

Wieder in Dresden angekommen, freuten wir uns erstmal auf unsere Betten, um den verpassten Schlaf nachzuholen. Die nächsten Tage nahm erstmal das Nachbereiten der vielen Informationen in Anspruch. Die Teilnahme an der Trainings Week war für uns Teilnehmende und insgesamt für das Team eine großartige Erfahrung.

Wir möchten uns sehr herzlich bei allen bedanken, die die Trainings Week ermöglicht, unsere Fragen geduldig beantwortet und uns mit viel Input fürs kommende CDR gerüstet haben.

Text: Felix Scharnhölz

REXUS selection workshop in Bonn (November 2019)

Karina, Lucas und Frederik beim Selection Workshop in Bonn

Im November haben Frederik, Lucas und Karina aus dem Star-Team ein neues Projekt für REXUS vorgestellt und im Dezember die Bestätigung für die Förderung des DLR erhalten.

REXUS ist das Äquivalent zu BEXUS, bei dem diesen Oktober schon zwei andere Star-Teams gestartet sind (Gamma-Volantis und Ooxygen). Es ist ein Projekt für Studenten, das vom DLR und der SSC ins Leben gerufen wurde. Die Studenten bauen ein Experiment und dieses wird mit einer Höhenforschungsrakete in Schweden gestartet und verbringt ca. 2 Minuten in Mikrogravitation, bevor die Rakete sich wieder in Richtung Erde bewegt.

Frederik, Lucas und Karina haben unser Experiment S Cephei (Suspension of Carbon Nanotubes under dieelectrophoretial Influence) vorgestellt, an dem gerade 10 Mitglieder arbeiten. Unter Mikrogravitation soll der Ausrichtungsprozess von Kohlenstoffnanoröhrchen(CNTs) untersucht und dokumentiert werden. Die CNTs werden mittels Dielektrophorese ausgerichtet. CNTs können die thermischen, elektrischen und mechanischen Eigenschaften ihrer Trägermaterialien gezielt beeinflussen. Sie können daher zum ESD und EMI-Schutz, für Sensoren, Aktuatoren und zur Armierung eingesetzt werden.

Mit der Untersuchung des Ausrichtungsprozesses der Kohlenstoffnanoröhrchen unter Mikrogravitation tragen wir nicht nur zur Material-, sondern auch zur Grundlagenforschung bei. An der TU-Dresden wird derzeit an der Ausrichtung von CNTs geforscht, was sich sehr gut zum Vergleich unserer Ergebnisse mit terrestrischen Versuchen eignet.

Bis jetzt ist die grobe Auslegung unseres Experiments fertig und im Februar geht es dann zum PDR (preliminary design review) nach Schweden. Unsere Experimenteinheit besteht aus Behältern, die mit einem Fluid und den CNTs gefüllt sind. Mit Hilfe von Kameras wird der Ausrichtungsprozess beobachtet. Durch die Viskosität des Fluids kann die Ausrichtungsgeschwindigkeit gesteuert werden. Außerdem hat das Elektrische Feld, sowie Elektrodengeometrie, Spannung und Frequenz, wie auch der CNT-Anteil und die CNT-Art einen großen Einfluss. Die Ausrichtung der CNTs in en Behältern findet nacheinander statt und dauert etwa 10-30 Sekunden pro Behälter. Das Experiment muss durch eine einschließende Metallhülle vor elektromagnetischer Strahlung abgeschirmt und zusätzlich thermisch isoliert werden. Ein Fluidabsorber dient dazu, mögliches austretendes Fluid aufzufangen.

Unterstützt werden wir vom ILR durch Teststände, Werkzeug, Materialien und natürlich auch der fachlichen Expertise der Mitarbeiter. Außerdem erhalten wir die REXUS-Förderung des DLR und hoffen auf die Zusammenarbeit mit einigen Sponsoren.