Bericht REXUS Kampagne 2023 – S Cephei

Fast vier Jahre nach unserem Letter of Intent für die Teilnahme am REXUS Programm mit dem Experiment S Cephei 2019 stand Ende März 2023 endlich die lang ersehnte und schon zweifach verschobene Startkampagne in Esrange, Schweden, an. Sechs Mitglieder unseres Teams wurden zum Esrange Space Center eingeladen, um die letzten Vorbereitungen an unserem Experiment durchzuführen und den Start zu begleiten. 

Am 21. März reisten wir von Dresden über Stockholm bis nach Kiruna in Nordschweden. Neben uns sind auch die Studierendenteams Deadalus2 der Universität Würzburg, HERMESS der Universität der Bundeswehr München, ECRIDA der University Politehnica Bucharest und RaPTeX der Arctic University of Norway angereist. Für die zeitgleich stattfindende REXUS30 Kampagne waren außerdem die Teams IMFEX der RTWH Aachen, µMoon der FH Aachen, B2D2 des Royal Institute of Technology Stockholm und ASTER der Luleå University of Technology da. Man kannte sich bereits aus vorherigen Reviews und Events im Rahmen des REXUS Programms und so war es ein freudiges Wiedersehen. Mit dem Bus ging es vom Flughafen zum Esrange Space Center etwa 45 km außerhalb von Kiruna.

Da es sich bei Esrange um ein ziviles Sperrgebiet handelt, mussten wir uns am Eingangstor erst die Ausweise abholen, welche uns dann Zutritt zu allen Räumlichkeiten verschaffen, die unserer Sicherheitsstufe entsprechen. Zudem wurden die durchaus strengen Sicherheitshinweise erläutert. Diese beinhalten beispielsweise das absolute Fotoverbot von Antennen und Satellitenschüsseln.

Kurz nach Mitternacht haben wir es endlich in das charmante Hotel Aurora (das Gästehaus in Esrange) geschafft, wobei wir schon beim Aussteigen aus dem Bus die ersten Polarlichter sehen konnten.

Am nächsten Tag stand nach dem Frühstück das erste morgendliche Meeting an, in dem wir eine detaillierte Einweisung in die Durchführung der Startkampagne erhalten haben. Für die Organisation und Durchführung des Starts sowie für die Unterstützung der Studierenden-Teams waren mehrere Institutionen vor Ort beteiligt: ESA, DLR, MORABA, SSC und das ZARM Bremen, sowie natürlich alle Teams. Nach der Einführung ging es in den Dome, eine sehr große Halle, in der wir die Möglichkeiten hatten, unser Experiment zu sichten und nach seiner langen Reise wieder in Betrieb zu nehmen.

Das Experiment hatte den Transport gut überstanden, jedoch war die verwendete Lichtleiterplatte zerbrochen. Das Ersetzen der Beleuchtung mit den nur sehr spärlich vorhandenen Ersatzteilen füllte auch noch den nächsten Tag. Dennoch war das Ergebnis sehr überzeugend! Man könnte fast meinen, es war besser als zuvor.

Die Hintergrundbeleuchtung mit Fasertape funktioniert besser als zuvor (Bild: S Cephei)

Am Abend des zweiten Tages fand der Start der BROR Mission auf einer Höhenforschungsrakete (etwa 250 km Flughöhe) statt, welche in mehreren Impulsen eine Art künstliches Polarlicht durch das Ausstoßen von Substanzen erzeugte. Das Ganze ähnelt dabei einem übergroßen Feuerwerkskörper. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen möchten damit weitere Erkenntnisse über das Space Weather und Winde in großen Höhen gewinnen. Auch für uns als Beobachter war es sehr schön anzusehen, wie viele bunte Punkte nach und nach am Himmel auftauchten.

In den folgenden drei Tagen finalisierten wir die Vorbereitung des Experimentes S Cephei. Dies beinhaltete auch das Befüllen der vier Kammern mit der bereits in Dresden gemischten CNT-Suspension. Das fertige Experiment war dann bereit für die Kommunikations- und Timeline-Tests mit den anderen Experimentmodulen und dem Bordcomputer. Diese Abläufe wurden sehr oft durchgeführt, damit Fehler und Probleme während des richtigen Starts ausgeschlossen werden können. Alle Tests waren erfolgreich, wodurch die Payloads der Rakete endgültig zusammengeschraubt werden konnten.

REXUS29 während des Kommunikationstest (Bild: S Cephei)

Am 27. März trafen sich alle an der Kampagne Teilnehmenden um 5 Uhr morgens im Dome für ein Gruppenfoto. Die beiden fertig zusammengebauten Raketen waren zum letzten Mal zu sehen, bevor sie zum Startkomplex transportiert und mit den Raketenmotoren verbunden wurden. Das frühe Aufstehen zeichnete von nun an die restliche Zeit in Schweden aus, da die vielen (Test-)Countdowns noch weit vor dem Sonnenaufgang gestartet wurden, um ein möglichst flexibles Startfenster zu haben. Dies betraf insbesondere die Personen, die unsere Groundstation betreiben durften.

(fast) Alle Beteiligten der REXUS29/30 Kampagne (Bild: ESA/Jeffrey Gorissen)

Nach der Experimentübergabe nahm die Anspannung etwas ab und wir konnten das Warten auf die Raketenstarts entsprechend der schwedischen Gegebenheiten genießen. Insbesondere auch der Austausch mit den anderen Studierenden und Mitarbeitenden der betreuenden Institutionen brachte viel neue Inspiration. Gerade dies macht das REXUS/BEXUS Programm aus.

Um unsere Lieblingsstadt in Sachsen mit Respekt und Ehre zu vertreten, haben wir den besten uns bekannten Designer des Teams S Cephei beauftragt, um ein Logo für die diesjährige Kampagne zu entwerfen. Der Ausgeschriebene Logowettbewerb versprach unglaublichen Ruhm. Unser Design stieß auf sehr große Resonanz – gerade bei den deutschen Teams und Betreuern:

Unser eingereichtes Logo hat sich gut gegen die Konkurrenz behauptet, konnte sich allerdings am Ende nicht gegen die anderen, auch starken, Logoentwürfe durchsetzen (Bild: S Cephei)

Mit den Arbeiten an der Rakete durch die Experten blieb für uns etwas Zeit für Freizeit. So waren die nächsten Tage für uns geprägt von der idyllischen Schneelandschaft Nordschwedens und dem wieder hervorragenden Essen. Wir konnten einige Runden auf den vorgezogenen Loipen über den Ballon-Startplatz drehen oder auch mal unsere eigenen Bahnen durch die unberührte Schneelandschaft der Wälder ziehen.

Langlauf (Bild: S Cephei)

Auch am Eisfischen haben wir uns versucht. Zumindest das notwendige Loch konnte nach einigem Bemühen erfolgreich in das einen halben Meter dicke Eis gebohrt werden. Die Fische wollten dann aber nicht so recht beißen. Daher blieb es bei Schneewanderungen über die vereisten und verschneiten Flussläufe. Für die körperliche Ertüchtigung war entsprechend gesorgt.

Das winterliche Schweden (Bild: S Cephei)

Zum Zeitvertreib mit Lerneffekt gab es außerdem Anekdoten-gefüllte Vorträge von Koen zur Arbeit bei der ESA. Die kurzweiligen und gut besuchten Veranstaltungen erlaubten interessante bis skurrile Einblicke in unterhaltsamer Manier. Außerdem gab es die Möglichkeit, den Teststand von Isar Aerospace zu besuchen. In Kiruna möchte das deutsche Unternehmen seine entwickelten Triebwerke testen und wir durften erste Blicke auf den Teststand werfen.

Abends ging der Blick immer auf die Aurora-Vorhersage mit der Hoffnung, das beeindruckende Naturspektakel nochmal einzufangen. Die ersten Abende konnten aber wahrlich nicht mehr übertroffen werden. Stattdessen wurde oft die vorhandene Sauna mit dem ein oder anderen Schneeaufguss ausgenutzt.

Polarlichter (Bild: S Cephei)

Am 29. März konnten wir den Start von REXUS30 miterleben. Um 5 Uhr morgens wurden wir per Auto und Bus auf den Radar Hill gefahren, von dem es eine wunderbare Aussicht auf den Startkomplex gab. Es galt dann nur noch eine Stunde in der eisigen Kälte bei etwa -10°C zu warten, bis endlich die Warnsirene ertönte. Das ist das Signal, dass es nur noch 15 Minuten bis zum Start sind. Der Start war erfolgreich und echt beeindruckend! Den Start einer echten Rakete aus so geringer Entfernung zu erleben, unterscheidet sich wirklich von den Eindrücken, die man aus Videos kennt! Zurück im Dome erhielten wir erste Informationen, wie die Experimente der anderen Teams gelaufen sind.

Am nächsten Tag stand der Rollout von REXUS29 an. Das heißt, wir hatten die Chance, die Rakete mit integriertem Raketenmotor zu sehen, bevor sie endgültig in das Startgebäude gebracht wird. Außerdem gab es eine Tour des Skylark Launch Towers und des erneuerten Gebäudes für die Raketenmontage. Am Nachmittag war es auch für uns an der Zeit, per Unterschrift zu bestätigen, dass unser Experiment ganz offiziell bereit für den Start ist. Dies geschah in einer fast zeremoniellen Sitzung, in der alle Teamchefs auf dem Startvertrag unterschrieben.

Der erste Startversuch wurde wie erwartet aufgrund zu hoher Winde abgesagt. Der Wetterballon, der vor dem Raketenstart losgelassen wurde, hatte eine beachtliche laterale Bewegung. Ein Start an diesem Tag war ausgeschlossen. Am nächsten Tag, dem 1. April, erfolgte dann der aussichtsreiche zweite Versuch. Unsere motivierte Crew der Bodenstation durfte auch an diesem Tag von Anfang an ihre wichtigen Aufgaben wahrnehmen. Getrieben von ihrem Forschungswillen drückten sie die Knöpfe, die gedrückt werden mussten. Sagten die Sachen, die gesagt werden mussten.

Die bemannte S Cephei Groundstation (Bild: ESA/Jeffrey Gorissen)

Kurz vor Start wurde wieder ein Wetterballon gestartet. Anders als am Vortag glitt dieser angeschienen von der aufgehenden Sonne fast senkrecht in den wolkenlosen Himmel. Wenige Minuten später folgte die Rakete mit unserem Experiment. Schnell verschwand sie in den Höhen und wir gingen frühstücken.

REXUS 29 Launch (Video: Jeffrey Gorissen)

Am Mittag sahen wir dann unser Experiment wieder. Zusammen mit den anderen Experimenten wurde die Payload von einem Helikopter vor dem Dome abgelegt. Die Anspannung aller war groß, endlich die Experimente nach jahrelanger Entwicklungszeit zu inspizieren. Unser Experiment sah sowohl äußerlich als auch nach dem aufwändigen Auseinanderschrauben überraschend intakt aus. 

Die wichtigsten Daten, die Videoaufzeichnungen der Kameras, wurden gesichert und gleich gesichtet. Die Aufzeichnung aller sechs Kameras hat funktioniert. Da die erwarteten Ergebnisse nicht direkt beobachtet werden konnten, wurden sofort Untersuchungen gestartet. Ein Ergebnis steht hier allerdings noch aus.

Die per Helikopter geborgene Payload der REXUS29 Rakete (Bild: ESA/Jeffrey Gorissen)

Anschließend wurde das Experimentmodul wieder transportgerecht vorbereitet und verpackt. In einem Meeting wurden von allen Teams die vorläufigen Experiment Ergebnisse vorgestellt, welche ein breites Spektrum an Erfolgen aufzeigten.

Der letzte Abend beinhaltete traditionell auch das Kampagnen-Dinner, bei dem alle Teilnehmer der Kampagne in entspannter Atmosphäre Spezialitäten der schwedischen Küche genießen. Dabei wurden noch einige zusammenfassende Schlussworte und Reden gegeben und die Teams erhielten eine Kampagnen-Urkunde. Abschluss des letzten Abends sollten die vorbereiteten Sketche der einzelnen Teams sein. Die lustigen Anekdoten, pointierten Theaterstückchen und engagierten Einlagen ergänzten wir um ein akustisch-visuelles Meisterwerk der zeitgenössischen Kunst.

Am 2. April ging es nach elf vollen, aber spannenden und zum Teil auch erholsamen Tagen zurück nach Dresden. Nun steht noch die Auswertung der aufgezeichneten Messdaten an.
An dieser Stelle möchten wir uns bei allen Mitarbeitern der zahlreichen Raumfahrtorganisationen bedanken, die es Studierenden aus ganz Europa ermöglichen, solche Erfahrungen zu sammeln. Dieser Programmzyklus wird uns auch aufgrund der mehrfachen Verschiebungen aufgrund von Corona sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben, aber umso dankbarer sind wir, dass die Kampagne trotzdem noch stattfinden konnte! Mehr Informationen zum REXUS/BEXUS Programm finden sich auf der offiziellen Webseite.

Autor: Jonathan Bölk

S Cephei Training Week 2020

Die diesjährige REXUS/BEXUS Student Trainings Week fand vom 10. bis zum 14. Februar im Esrange Space Center im hohen Norden Schwedens statt, an der auch wir, Mitglieder des S Cephei Teams, teilgenommen haben. Zwei Wochen vorher war die Abgabefrist der ersten Version des SEDs (Student Experiment Documentation), in dem wir einen Entwurf unseres Experimentes vorgestellt haben. Befreit von der Last der Deadline, begann die Vorfreude auf die Trainings Week für die Teammitglieder Alexander, Robin, David und Felix.

Die Anreise am 09. Februar erfolgte von Dresden mit dem Flugzeug über Frankfurt und Stockholm nach Kiruna. Glücklicherweise schafften wir es gerade noch vor dem Sturmtief Sabine aus Frankfurt raus, bevor der Flughafen geschlossen wurde. Ab Frankfurt begleiteten uns bereits eine Vielzahl anderer Teams und Mitarbeiter der organisierenden Strukturen. Der Flug über die Nordsee hatte dann auch den zu erwartenden magen-aufwühlenden Effekt.

Bild 1: Zwischenlandung auf dem Flughafen Frankfurt am Main; Bild: David Conrad

In Kiruna angekommen, brachte uns ein Transferservice die letzten 40 km bis nach Esrange, wo wir unsere Zimmerschlüssel und Sicherheitsausweise am Geländeeingang bekamen und schließlich, nach einem kurzen Mitternachtssnack, erschöpft in die Betten fielen.

Für die viel zu kurze Nacht wurden wir durch den kulinarischen Genuss eines himmlischen Frühstücks entlohnt. An dieser Stelle möchte ich mich im Namen aller beim Küchenteam bedanken, das uns 3-mal am Tag mit den besten warmen Mahlzeiten beglückt hat. Tag 1 der Trainings Week ging los mit ein paar einleitenden Worten zu Sicherheit und Verhaltensregeln, bevor uns schließlich einige wichtige Themen, unter anderem in den Bereichen Systems Engineering, Requirements und REXUS Flight Mechanics nähergebracht wurden. Unterbrochen wurden diese Vorlesungen von ein paar Kaffeepausen, bei denen wir uns mit den anderen Teams austauschen konnten und Bekannte aus dem Selection Workshop wiedergetroffen haben. Hinzu kamen Vorstellungspräsentationen aller REXUS Teams, bei denen grob das Experiment und mögliche Einflüsse auf die Experimente der anderen Teams in der jeweiligen Payload angesprochen wurden.

Der 2. Tag begann nach einem obligatorischen Morgenmeeting mit einem Roundtrip über das Esrange Gelände. Uns wurde das örtliche Museum gezeigt (Bild 2), in dem einige prägende Momente des Esrange Space Center ausgestellt sind (sehr empfehlenswert!).

Bild 2: Robin mit einem Nose Cone; Bild: Felix Scharnhölz

Anschließend ging es zum Ballon Pad, wo wir den Start eines kleinen Höhenforschungsballons erleben durften, ehe uns die Vorbereitungshallen für die REXUS Raketen zur Motor- und Payloadintegration gezeigt wurden. Abschließend besuchten wir den Launchtower der MEXUS Raketen (Bild 3). Auf unserem Rückweg kamen wir dann noch am REXUS Launcher vorbei.

Bild 3: Blick aus der Startposition einer Mexus Rakete nach oben; Bild: Felix Scharnhölz

Es waren an diesem Tag zwar mit -8 °C noch recht warm für einen Februartag in Esrange, aber nichtsdestotrotz freuten sich unsere Finger und Füße nach diesem spektakulären Roundtrip über die Wärme im Dome, der größten Halle auf dem Esrange Gelände, wo die Vorlesungen im Anschluss weitergingen. Es standen Vorlesungen über ein paar BEXUS Systeme auf dem Plan, jedoch hatten wir ab dem Nachmittag unser PDR, auf das wir uns seit der SED Abgabe vorbereitet hatten. Das Board bestand aus Experten zahlreicher Fachrichtungen und Einrichtungen. Mitglieder des ZARMS (Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation) und der ESA (European Space Agency), sowie der MORABA (Mobile Raketenbasis) stellten nach einem 20-minütigen Vortrag unsererseits Fragen und erklärten uns Schwachstellen in unserem Experimentdesign und dem Zeitplan für den Entwicklungsablauf. Insgesamt war das PDR ein voller Erfolg und wir konnten sehr viel Input für die weitere Experimententwicklung mitnehmen. Abends wurde eine Teambuilding Session veranstaltet, bei der es darum ging unter bestimmten Regeln ein Legomodell eines Raumtransporters nachzubauen. (Bild 4) Dabei wurden 10 Teams zusammengestellt, die dann gegeneinander antraten. Eine super Möglichkeit andere Teammitglieder mal ein wenig näher kennenzulernen und neue Bande zu knüpfen.

Bild 4: Teambuilding Session am Dienstag; Bild: SSC Staff

Nachdem wir das PDR nun hinter uns hatten, konnten wir dem Rest der Woche entspannter entgegensehen. Am Mittwoch standen einige subsystem-spezifische Themen auf dem Plan. Unter anderem wurden uns Möglichkeiten und Herangehensweisen nähergebracht, um häufige Probleme im Design der Flight Software zu lösen und das thermale Experimentdesign zu verbessern. Viele hilfreiche Tipps, insbesondere zu Open Source Software, werden uns helfen unser Experiment zu verbessern. Nachmittags standen Projekt- und Risikomanagement auf dem Plan, schließlich besteht ein Raumfahrtprojekt nicht nur aus Berechnungen und Design, sondern auch aus einem organisatorischen Part.

In diesem Sinne ging es am 4. Tag auch weiter mit dem Thema Outreach. Ein wichtiger Bestandteil der RX/BX Projekte ist, dass Teams versuchen Partner in der Industrie und Forschung zu gewinnen, um die Umsetzung der nicht immer günstigen Projekte zu ermöglichen und die Finanzierung neben der Hilfe vom DLR durch das ZARM, zu gewährleisten. Nachmittags stand noch ein wichtiger Termin auf der Agenda, es ging in die „Ask the experts“ – Session. Dabei konnten wir Fragen, die nach den Vorlesungen noch offen waren oder Fragen, die sich durch die Vorlesungen ergeben hatten, an eine Reihe von Experten aus den unterschiedlichen Disziplinen richten. Durch deren hilfsbereites Engagement konnten auch letzte Probleme vorläufig aus dem Weg geräumt werden.

Am letzten Tag ging es hauptsächlich um Organisatorisches zu den kommenden Tests und der abschließenden Missionskampagne im März 2021. Im Juni steht das Critical Design Review auf dem Plan, bis zu dem das Experimentdesign finalisiert sein muss. Anschließend findet das Integration Progress Review Ende August statt, bevor die Systemtests (Vibrationstest beim ZARM, Benchtest bei der MORABA und abschließend der Spin & Balancetest in Esrange) die Qualifikationsphase abschließen. Am Nachmittag besuchten wir Kiruna und das Ice-Hotel (Bild 5) in der Nähe. Mit einem großartigen Farewell Dinner (Pulled Pork vom Rentier), bei dem alle viel Spaß hatten und in gelöster Stimmung die letzten Tagen Revue passieren ließen, und einem letzten Saunabesuch, ging die Trainings Week zu Ende.

Bild 5: Blick über die Anlagen des Ice-Hotels; Bild: Felix Scharnhölz

Die Abreise startete am Samstag sehr früh am Morgen. Zwei Busse brachten uns wieder nach Kiruna zum Flughafen (Bild 6), von wo es über Stockholm und München zurück nach Dresden ging. Die meisten Teams verabschiedeten wir in Stockholm und die letzten deutschen Teams verließen wir in München.

Bild 6: Boarding in Kiruna; Bild: Felix Scharnhölz

Wieder in Dresden angekommen, freuten wir uns erstmal auf unsere Betten, um den verpassten Schlaf nachzuholen. Die nächsten Tage nahm erstmal das Nachbereiten der vielen Informationen in Anspruch. Die Teilnahme an der Trainings Week war für uns Teilnehmende und insgesamt für das Team eine großartige Erfahrung.

Wir möchten uns sehr herzlich bei allen bedanken, die die Trainings Week ermöglicht, unsere Fragen geduldig beantwortet und uns mit viel Input fürs kommende CDR gerüstet haben.

Text: Felix Scharnhölz

Aufblasen unseres Ballons

Reisebericht BEXUS 28/29

Die BEXUS 28/29 Launch Campaign begann für die zwei STAR Teams OOXYGEN und Gamma-Volantis am Morgen des 18.10.2019. Von Dresden aus machten sich 12 unserer 15 teilnehmenden Mitglieder auf den Weg in das in Nordschweden gelegene Kiruna. Gemeinsam mit anderen europäischen Teams ging es mit dem Bus zur Ballon- und Raketenbasis Esrange der Swedish Space Corporation. Von weitem erkennbar: der Skylark-Tower, benannt nach der britischen Höhenforschungsrakete, die hier viele Jahre zum Einsatz gekommen war.

Bild 1: Skylark. (2015, 1. Mai). Abgerufen am 05. November 2019, von https://www.daviddarling.info/encyclopedia/S/Skylark.html

In Esrange angekommen wurde zuerst ein Sicherheitsmeeting mit allen Teilnehmern abgehalten. Hauptanliegen der Organisatoren war das absolute Fotografier-Verbot und die Warnung vor Rentieren, die laut den Aussagen der Referenten nicht gerade als die hellsten Tiere bekannt sind. Im Anschluss daran wurden die Experimente aus ihren Containern ausgeladen und eine erste Bestandsaufnahme gemacht. Die Integration der Experimente und die Arbeiten an den Experimenten selbst erfolgte in einer großen Halle, dem „Dome“, der neben dem Hotel Aurora, dem Hauptgebäude der SSC und weiteren Gebäuden ins Areal eingliedert.

Bild 2: OOXYGEN Experiment Setup ohne Verkleidung (links Childbox, Mitte EOS Chamber, rechts Motherbox), Bild: Benjamin Altenstein

Der nächste Tag ging da los, wo der vorherige Tag aufgehört hatte. Mit der Fehlerbehebung. In Team OOXYGEN wurden Fehler gefunden, die das gesamte Experiment hätten scheitern lassen können. Aber dank der unermüdlichen und cleveren Arbeit der Elektrotechniker und Informatiker im Team konnte eine Lösung gefunden werden, bei der zwar nur 13 der geplanten 16 Sensoren mitfliegen konnten, die Probleme aber effektiv umgangen werden konnten. Außerdem stießen die noch fehlenden 3 Mitglieder hinzu. Bei Gamma-Volantis standen neben dem Zusammenbau des Experimentes noch verschiedene Tests auf der Tagesordnung. Diese Tests dienten dazu, die Funktionsfähigkeit des Experiments zu prüfen und Kalibrationen an den Referenzsensoren vorzunehmen. Glücklicherweise schienen alle Komponenten die Reise gut überstanden zu haben, sodass uns keine unschönen Überraschungen erwarteten. Da einige Teams einen Darkmode für ihre Groundstation erstellt hatten, konnten wir uns natürlich nicht mit den alten Designs zufrieden geben und so wurde kurzerhand das Farbschema geändert.

Bild 3: Experiment Setup Gucci-Volantis, bereits in die Gondel integriert, Bild: Frank Windeck

Diese Problembehebung dauerte auch den gesamten nächsten Tag an. Am Tag darauf, am 21.10., sollte beim Morgenmeeting geklärt werden, wann die Experimente in die Gondel integriert werden könnten. Selbstbewusst meldete sich das Team OOXYGEN als erstes ihr Experiment in die Gondel BEXUS 28 einzubauen, danach sollte Gamma-Volantis an der Reihe sein. Die Probleme, die vorher aufgetreten waren, stellten sich als sehr hartnäckig heraus, sodass sich die Integration immer weiter verzögerte. Auch bei Gamma-Volantis gab es noch ein Problem mit der Verbindung zwischen Bodenstation und Experiment, das schließlich dank der Unterstützung der SSC Mitarbeiter behoben werden konnte. Aber nicht nur die Dresdner Teams hatten mit Rückschlägen zu kämpfen. Auch die Italiener von Team TARDIS der Sapienzia Universität in Rom, sowie die Studenten vom Team DESTINY der Ecole Polytechnique aus Paris hatten einige Probleme mit der Software. Das schwedische Team aus Kiruna IRISC hatte dagegen Probleme mit der Hardware, nachdem ihnen mehrmals ihre Hauptrecheneinheit heruntergefallen war.

Bild 4: Morgensonne in Esrange bei -14°C, Foto: Benedikt Boos

Die Teams auf der zweiten Gondel TANOS, SHADE, R2-C2 und IROCS hatten bei der Integration weniger Probleme. Die Integration der Experimente verlief zum größten Teil reibungslos und so konnte die BEXUS 29 Gondel vor der BEXUS 28 Gondel fertig werden und durfte den nächstmöglichen Starttermin wahrnehmen. Der Start war für 6:00 Uhr morgens am 23.10. angesetzt und der Ballon startete um 6:33 Ortszeit in den nur leicht bedeckten Nachthimmel.

Bild 5: Start von BEXUS 29, Foto: Benedikt Boos

Für uns ging die Arbeit aber trotzdem weiter. Nach entbehrungsreichen Tagen und Nächten konnten aber auch bei unseren Experimenten am 23.10. die letzten Handgriffe angelegt werden. Am selben Tag erfolgte der Interference Test, bei dem geprüft werden sollte, ob sich die Experimente gegenseitig in der Kommunikation beeinflussen. Dieser Test wurde nach leichten Anfangsschwierigkeiten erfolgreich absolviert.

Bild 6: Verzweiflung in Team OOXYGEN, Foto: Karina Einicke

Für den Morgen des nächsten Tages war der FCT, der Flight Compatibility Test angesetzt. Bei diesem Test soll nicht nur die Kommunikation des Experimentes mit der Bodenstation, sondern auch die Flugbereitschaft der Experimente getestet werden. Während des Tests wurde die Gondel auf das Ballonpad gefahren und zum ersten Mal den realen Umweltbedingungen ausgesetzt. Dabei bemerkte das Team OOXYGEN einen Druckverlust im Stickstoffsystem, was auf ein undichtes Ventil zurückzuführen war. Innerhalb von 50 Minuten verlor der Tank 150 bar Druck. Durch den geänderten Experimentaufbau stellte dies zum Glück kein Problem dar, denn sonst hätten wir den FCT mit allen Team wiederholen müssen. Grund dafür war, dass die Gondel nach dem FCT und bis zum Start des Ballons nicht mehr verändert werden durfte, ohne den FCT zu wiederholen. Um aber das Ventil fester zu ziehen, hätten man das gesamte Gassystem ausbauen müssen. Nach dem FCT trafen sich alle fünf Teams von BEXUS 28 mit den Verantwortlichen der SSC, des ZARM, des DLR, von Esrange und der ESA, um die Flugtauglichkeit mit einer Unterschrift zu bestätigen. Danach zogen wir uns auf unsere Zimmer zurück und versuchten schon am Nachmittag Schlaf zu finden, da für den nächsten Morgen um 6:00 Uhr der Start angesetzt war. Der Ballon sollte zwar erst gegen sechs starten, aber der Countdown wurde vier Stunden vorher, um zwei Uhr nachts gestartet und die Teams sollten schon eine halbe Stunde eher vor Ort sein, um ihre Groundstations zu starten.

Bild 7: Vollständig integrierte Gondel (links GV, rechts oben OOXYGEN, darunter DESTINY), Foto: Nils Hensch

Nicht lange nach dem Tageswechsel vom 24.10 auf den 25.10. klingelte der Wecker und kurze Zeit später sah man dunkle Gestalten den Weg vom Hotel zum Dome durch die -10°C kalte Nacht stapfen. Die vier Stunden Countdown vergingen wie im Flug, da ständig etwas zu tun oder zu testen war. Das Late Access Team machte sich gegen 4:00 Uhr Ortszeit auf den Weg zum Ballon, um die finalen Vorkehrungen am Ballon zu treffen. Danach begann das Warten auf den Start. Alle Teams standen am offenen Tor des Domes, um den Start mitzuerleben. Leider war es sehr neblig und der Ballon konnte in der Nacht nur erahnt werden. Hin und wieder gab es Updates in Form von Fotos in der Whatsapp Gruppe, aber sonst war nichts außer der fahlen Silhouette des Ballons und des Krans zu sehen, an dem der Ballon befestigt war. Um 6:22 Uhr Ortszeit stieg der Ballon mit den Experimenten der Teams OOXYGEN, Gamma-Volantis, DESTINY, IRISC und TARDIS in den Himmel über Schweden auf und begann seine Reise in Richtung Osten. Sofort danach kehrten die fünf Teams zu ihren Groundstations zurück und empfingen die ersten Daten. Bei Team OOXYGEN begannen die Messzyklen der Sensoren wie erwartet und bei Gamma-Volantis sah es auch auf den ersten Blick vielversprechend aus. Kurze Zeit später aber sorgte die Fehlfunktion einer ihrer Sensoren für große Ernüchterung. Nach rund 3 Stunden Flugzeit wurde der Ballon kontrolliert abgetrennt und die Gondel begann ihren Sinkflug mit Fallschirm zurück zu Erde.

Bild 8: Gondel an Herkules auf dem Weg zum Startpunkt, Foto: Frank Windheck

Der Großteil der Teams war niedergeschlagen, weil nicht alles funktioniert hatte. Simon Mawn vom ZARM hielt daraufhin eine kleine Rede, in der er uns alle dafür lobte, ein eigenes Experiment in der Stratosphäre durchgeführt zu haben. Diese Tatsache war in den letzten Tagen vor dem Start etwas aus dem Sichtfeld geraten. Wir alle hatten uns in die Elektrotechnik, die Software und die Pneumatik der Experimente vertieft. Wir hatten nur noch das Experiment im Blick und nicht mehr, dass es um viel mehr ging als nur ein funktionierendes Experiment. Natürlich hätte alles im besten Fall funktionieren sollen, aber selbst wenn etwas nicht funktioniert, so können wir alle aus den Fehlern lernen und das ist immens wichtig. Aber vor Allem haben wir ein Experiment gestartet, dass bis auf 27000 Meter geflogen ist und durften Erfahrung sammeln, die man nicht theoretisch lernen kann.

Bild 9: STAR BEXUS Teams, Bild: Nils Hensch

Am Abend des Starttages fand das Campaign Dinner mit anschließendem Abendprogramm, das von den Teams vorbereitet wurde angesetzt. Es gab leckeres Essen, viel Gelächter und noch mehr Alkohol…

Am Samstag, den 26.10. schliefen wir fast alle bis mittags aus. Wir waren schließlich freitags mehr als 24 Stunden auf den Beinen gewesen, denn die Afterparty war noch eine ganze Weile in die Nacht hineingegangen. Wir hatten uns für diesen Tag eine Wanderung in den Bergen vorgenommen, jedoch wurde kurzfristig eine Führung über den Raketenstartplatz angeboten, an der wir alle teilnehmen wollten. Die ganze Zeit hatten sich unsere Gedanken nur um die Ballons gedreht, jetzt wollten wir auch einmal etwas Anderes sehen. Am selben Tag wurde ein Recovery Versuch der Gondel vorgenommen, der allerdings fehlschlug, weil das Wetter es dem Bergungshelikopter unmöglich machte, weiter zu fliegen. Während eines Meetings wurde beschlossen, die Recovery auf Montag zu verschieben. Dafür jedoch von jedem Team ein Mitglied für einen weiteren Tag in Schweden bleiben musste.

Bild 10: Skylark Tower mit Startrampe, Foto: Benedikt Boos

Der Sonntag verlief entspannt und ereignislos und am Morgen des 28.10. fuhr der Bus um 4:00 Uhr in der Früh von Esrange in Richtung Flughafen ab, um uns zurück nach Dresden zu bringen.

Bild 11: Gondel Recovery in Finnland, Foto: Simon Mawn

Wieder in Dresden angekommen, warten wir auf die Onboard Daten der Experimente, um die Auswertung abzuschließen und freuen uns auf unsere Betten, um den verpassten Schlaf nachzuholen. Die Teilnahme an BEXUS war und ist eine einmalige Erfahrung, die das Team zusammenwachsen lassen hat und uns alle fachlich extrem weitergebracht hat.

Wir möchten uns noch sehr herzlich bei Simon, Dieter, Stefan, Kathi, Alex, Rodurigo, Paolo, Michael, Arthur, den Mitarbeitern in Esrange, dem Zentrum für angewandte Raumfahrt und Mikrogravitation (ZARM), dem deutschen Institut für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Swedish Space Corporation (SSC), der Swedish National Space Agency (SNSA), der European Space Agency (ESA) und allen anderen Teams für die Erfahrungen, die ohne sie nicht möglich wären  bedanken. 

Per aspera ad astra – Seneca

Text: Benedikt Boos