Im vergangenen November begrüßte STAR Dresden erneut zum Kongress der deutschen studentischen Raumfahrtgruppen. Am Wochenende vom 5. bis 7.11. durften wir Gäste aus ganz Deutschland bei uns Willkommen heißen, um uns über gemeinsame Themen zu unterhalten, zu diskutieren, alte Freunde wieder zu sehen und neue Kontakte zu knüpfen.
Begrüßen durften wir über 60 Gäste aus ganz Deutschland. Vertreten wurden dadurch, zusätzlich zu STAR Dresden e.V., die Hochschulgruppen und Vereine:
- KSat e.V. und HyEnD e.V. von der Universität Stuttgart
- WARR e.V. von der TU München
- TUDSaT e.V. von der TU Darmstadt
- SeeSat e.V. von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Ravensburg, Campus Friedrichshafen
- WüSpace e.V. von der Universität Würzburg
Besonders freuen wir uns über die Gäste, die noch nicht teil etablierter Hochschulgruppen waren und sich für die Möglichkeit interessieren, selbst teil der Gründung neuer Gruppen zu werden.
Die drei Tage des Kongress waren gefüllt mit Vorstellungsrunden, Plena und Diskussionsrunden und sollte raumfahrtinteressierten Studierenden aus ganz Deutschland eine Möglichkeit geben, sich über unterschiedliche Themen auszutauschen. Die Zielsetzung war dabei wie folgt:
- Wie können Studierende die Repräsentation ihrer Interessen gegenüber Hochschulen und anderen Institutionen und/oder Organisationen/Firmen verbessern?
- Die Grundsteinlegung eines Dachverbands der deutschen Raumfahrthochschulgruppen.
- Den Kontaktaufbau und Austausch zwischen Gruppen, Vereinen und Individuen verschiedener Hochschulstandorte ermöglichen.
- Interessierte Studierende an Hochschulstandorten, an denen es noch keine formelle oder informelle Gruppierung gibt, zur Gründung einer solchen motivieren.
- Studierenden mit ähnlichen Interessen zum Netzwerken motivieren.
Während des Kongress konnten wir all diese Themen in Angriff nehmen und die Ergebnisse können sich sehen lassen! Während des großen Plenums am ersten Veranstaltungstag hatten wir Zeit, uns intensiv über die Thematik der Repräsentation der Interessen von Studierenden gegenüber von Hochschulen und anderen Institutionen und Organisationen/Firmen zu unterhalten und teilweise hitzig diskutiert. Zu Beginn wurden die Verbände Idaflieg (Verband der akademischen Fliegergruppen) und UKSEDS (der nationale studentische Raumfahrtverband des UK) angesehen und wie diese agieren und öffentlich wahrgenommen werden. Dies schuf eine Grundlage wie wir als Netzwerk der deutschen Raumfahrthochschulgruppen auftreten wollen und ob und wie wir uns ggf. zusammenschließen wollen, um ähnlich Strukturen aufzubauen. Anschließend wurde als Erstes die Möglichkeit der Kooperation mit Industriepartnern diskutiert. Dabei wurden Vorschläge eingebracht, was sich ein Verband von solchen Partnern wünscht und was er im Gegenzug dafür bieten kann. Es sind Ideen für Kooperationen entstanden, aber auch eine Leitlinie zu guten Grundsätzen bezüglich welche potentiellen Industriepartner mit Vorsicht zu genießen sind. Diese Ideen wurden dann im Laufe des Kongress am Samstag weiter ausgearbeitet (s.u.).
Die gleiche Diskussion wurde dann noch einmal mit Blick auf nicht kommerziell agierende Institutionen wie der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR) oder dem Deutschen Zentrum für Luft-. und Raumfahrt (DLR) geführt.
Die Gäste waren überwiegend Studierende unterschiedlicher Hochschulen, weswegen besonders die Möglichkeit der Kooperation und engen Zusammenarbeit mit Hochschulen diskutiert wurde. Es gibt definitiv den Wunsch für solche Kooperationen, jedoch wurde klar betont, dass ein Dachverband keinem Professor, keiner Professorin und auch keinem Institut unterstehen soll und eine unabhängige, von Studierenden gegründete Organisation sein sollte. Die einzelnen Mitglieder des Dachverbands sind dabei souverän dafür verantwortlich, wie stark sie in Kooperation mit ihren Hochschulen arbeiten.
Am Samstag, dem zweiten Veranstaltungstag, verteilten wir uns nach einem kurzen Plenum am Vormittag dann in Kleingruppen, um fokussiert über verschiedene Themen zu diskutieren:
- Strategien zur Sponsorenakquise und Öffentlichkeitsarbeit
In dieser Diskussionsrunde wurde besprochen, wie der chronischen Geldknappheit von Hochschulgruppen begegnet werden kann und wie sich Raumfahrthochschulgruppen einem breiten Publikum präsentieren können. Eine unerschöpfliche Geldquelle konnte das Team nicht finden, aber kam zu dem Schluss, dass gerade Hochschulgruppen mit Fokus auf praktische, ausbildungsorientierte Raumfahrtprojekte sich mit Sponsoring, Spenden und Förderprogramm, wie dem REXUS/BEXUS Programm des DLR, finanzieren können.
Beim Thema Öffentlichkeitsarbeit war das Ergebnis, dass Hochschulgruppen in ihrer individuellen Wahrnehmung stark von einer gemeinsam koordinierten Öffentlichkeitsarbeit profitieren können, die ein Dachverband durchführen könnte. Auf diese Weise kann der Dachverband auf einen großen Pool an interessanten und begeisternden Projekten der Mitglieder-Gruppen zurückgreifen und ggf. ein größeres Publikum erreichen. als es die einzelnen Gruppen könnten. Dabei sollte ein Dachverband die individuelle Öffentlichkeitsarbeit allerdings nicht ersetzten, sondern ergänzen.
I - Förderprogramme für die Vereinsarbeit
Dieses Thema war erst einmal gruselig für die Teilnehmer, da Förderprogramm oft als undurchsichtig und zu bürokratisch angesehen werden und der meist hohe Aufwand abschreckend auf einzelne Studierende oder kleinere Gruppen wirkt. Entsprechend war das Ergebnis des Workshops auch die Erkenntnis, dass Hochschulgruppen von einem Verband profitieren würden. Ein solcher Zusammenschluss würde bi- bis multilaterale Projektförderungen erleichtern und den Mitglieder-Vereinen durch eine gemeinsame Repräsentation und Kontakte vielleicht sogar langfristig maßgeschneiderte Förderungen ermöglichen.
I - Verbesserungsmöglichkeiten der Studienbedingungen für Studierende in Raumfahrtgruppen
Alle beim Kongress vertretenen Vereine haben gemeinsam, dass sie an ihren Heimat-Hochschulen angebunden sind. Diese Anbindung reicht je nach Gruppe von informell bis integriert. Dies sorgt dann naturgemäß dafür, dass sich die Mitglieder der Vereine, die in der Regel Studierende sind, stark für eine Verbesserung der Studienbedingungen an ihrem Standort und darüber hinaus interessieren.
Der gemeinsame Status-Quo der meisten Gruppen ist die Möglichkeit für Studien- und Abschlussarbeiten im Rahmen der Vereinsarbeit. Das Team der Diskussionsrunde war sich einig, dass diese Status Quo zwar besser als nichts ist, allerdings noch viele Möglichkeiten bestehen, die Vereinsarbeit besser mit dem Studium zu verknüpfen.
Dabei wurden folgende Ideen erarbeitet, die das Engagement von Studierenden unterstützen könnten:
– (nachweisbare/bewertbare) Vereinsarbeit im Studium als Module oder ECTS-Punkte einfließen lassen
– Es sollten flexible Module entwickelt werden, die einen Rahmen für die Bewertung der Vereinsarbeit im Studium bieten könnten.
– Ein Dachverband könnte den Austausch zwischen den Hochschulstandorten auf der Ebene der Studierenden (Bottom-Up) fördern.
– Der Austausch zwischen den Studierenden ermöglicht das Verbreiten von Know-How von Themen, die manchen Studierenden ggf. unbekannt sind (Bsp. Change-Requests auf Modulinhalte der Prüfungsordnung).
Diese Ideen sind leider in naher Zukunft erst einmal nur das; Ideen. Nichts desto trotz stellen sie eine Grundlage für die langfristigen Ziele und Ansprüche der einzelnen Hochschulgruppen und ggf. eines Dachverbands dar.
I - Nationale Kooperationsprojekte zwischen den Gruppen
In dieser Diskussionsrunde wurden von den Teilnehmern Ansätze für eine Zusammenarbeit zwischen den Hochschulgruppen erarbeitet. Im initialen Austausch wurden vier übergeordnete Themenbereiche identifiziert.
– Die Durchführung gemeinsamer technischer Projekte
– Das Ausrichten von Wettbewerben
– Das Teilen von „Tools“ (Soft- und Hardware)
– Die Förderung von Wissenstransfer zwischen den Gruppen
Im zweiten Teil wurden die technische Schwerpunkte und Expertisen der einzelnen Hochschulgruppen erfasst. Der Austausch wurde für die einzelnen Subsystem von Satelliten genauso wie für die Komponenten der Raketen und bodengestützte Anwendungen durchgeführt. Auf Basis der Erkenntnis dieses fachlichen Austauschs wurde beschlossen, dass sich im Nachgang an den Kongress Arbeitsgruppen, bestehend aus Mitgliedern der verschiedenen Hochschulgruppen, mit der genaueren Planung der Umsetzung befassen sollen.
Als erster gemeinsames Projekt zwischen den Hochschulgruppen kam die Idee einer CAN-Sat Challenge auf. Für solch eine Challenge wurde eine erste Grundlegende Roadmap erarbeitet.
I - Strategie Kontaktaufnahme zu neuen Hochschulstandorten und noch nicht entdeckten Gruppen – Unterstützung bei der Gründung neuer Gruppen
Die Gäste des Kongress stammten zwar von unterschiedlichen Hochschulstandorten aus ganz Deutschland, aber es waren bei weitem noch nicht alle oder gar die meisten Hochschulen vertreten, an denen der Themenkomplex der Raumfahrt existiert. Ein Kernthema des Kongress war deshalb Fragestellung, wie wir als von der Raumfahrt begeisterte Studierende und Gruppen sinnvoll mit diesen anderen, noch nicht „erschlossenen“ Hochschulstandorten Kontakt aufnehmen können. Es ist anzunehmen, dass es an solchen Standorten genauso engagierte Studierende gibt, die sich über das Studium hinaus mit der Thematik beschäftigen oder beschäftigen wollen.
Hier erkannte das Team der Diskussionsrunde erneut ein Argument für die Gründung eines gemeinsamen Dachverbands. Solch ein Verband hätte die Möglichkeit, überregional und ohne direkte Zugehörigkeit zu einer speziellen Hochschule oder einem speziellen Bundesland, mit diesen Standorten und Studierenden Kontakt aufzunehmen. Dabei kann der Verband einerseits auf das Netzwerk der bereits existierenden Hochschulgruppen aufmerksam machen und gleichzeitig bei der Gründung einer Hochschulgruppe und ggf. später eines Vereines unterstützen.
Ein Beispiel, wie der Verband Kontakt zu neuen Gruppen aufnehmen könnte, ist der deutsche Teil des REXUS/BEXUS Programm des DLR. Dort existieren bereits temporäre Grüppchen aus engagierten Studierenden, die eventuell Lust auf mehr Projekte nach der Teilnahme bei RX/BX habe. Dort könnte der Dachverband ansetzen.
Außerdem sollte der Verband passiv durch Öffentlichkeitsarbeit auf sich aufmerksam machen.
I - Öffentlicher Kongress mit Fokus auf die fachliche/wissenschaftliche Arbeit der Gruppen
Der im November durchgeführte Kongress hatte den Zweck, den Studierenden eine Plattform zum Ideenaustausch zu geben, wie wir unsere Repräsentation und unsere Zusammenarbeit ausbauen und verbessern können.
Aus der Natur der „Raumfahrt-Hochschulgruppen“ ergibt sich aber auch, dass wir an praxisnahen wissenschaftlichen Projekten arbeiten und ein inhärentes Mitteilungsbedürfnis für diese Projekte haben. Deshalb war es der Wunsch und die Aufgabe dieser Gruppe, erste Grundlagen für einen anderen Kongress zu entwickeln, der Studierenden die Möglichkeit geben soll, ihre Arbeit und Projekte einem breiten Publikum aus Gleichgesinnten und Experten vorzustellen. Erneut ergab sich der Konsens, dass ein Verband hier ideal wäre, um solch eine Veranstaltung gemeinsam mit einem Gastgeber (z.B. einer lokalen Hochschulgruppe) auszurichten. Als Vorbild wurde hier der DLRK der DLRG gesehen. Dieser vorgeschlagene Kongress soll dabei keine Konkurrenz Beispielsweise zum DLRK darstellen, sondern vielmehr Synergien zu solchen bereits existierenden Veranstaltungen ermöglichen.
Ein solcher Kongress sollte auf jeden Fall öffentlich stattfinden und auf Studierende und ggf. Schüler gezielt sein, um die Begeisterung zu entfachen und zu demonstrieren, was man schon als Student oder Studentin erreichen kann und man für ernstzunehmende wissenschaftliche und technische Ergebnisse nicht erst auf einen fertigen Abschluss warten muss.
Das Fazit der Diskussionsrunde war entsprechend, dass eine solcher Kongress unbedingt mittelfristig entstehen sollte, auch unabhängig von der Gründung eines Verbandes Raumfahrt Hochschulgruppen.
I - Code of Conduct eines Dachverbands; Inklusion und Gleichberechtigung
Ein Dachverband, wie er im Raum steht, benötigt einen moralischen Leitfaden, um Entscheidungen zu treffen. Grade in der Branche Luft- und Raumfahrttechnik ist der Weg zum Beispiel zur Rüstungsindustrie nicht weit. Wenn es also darum geht, potentielle Sponsoren oder Gastredner für Konferenzen und Kongresse ausfindig zu machen, müssen sich die Organisatoren und ein Verband im Vorfeld Gedanken machen, was man akzeptiert und wo man klare Grenzen setzt. Die Themen der Inklusion und Gleichberechtigung sind ebenso relevant, wenn bundesweit agierende Strukturen aufbaut werden und sollten auf jedem Organisationslevel in Betracht gezogen werden.
Über diese Themen hat sich diese Diskussionsgruppe unterhalten und konnte erste Ideen sammeln, wie ein Verband, aber auch wie einzelne Vereine handeln können.
Ein finaler Verhaltenskodex wurde dabei noch nicht erstellt. Es wurden aber die Grundlagen für eine spätere Diskussion in einem Dachverband entwickelt und für spätere Diskussionen festgehalten.
I
Nachdem wir die Workshops im Plenum ausgewertet haben, folgte noch eine große Diskussionsrunde im Plenum, mit Diskussionen und Entscheidungen über einen Dachverband der die deutschen studentischen Raumfahrthochschulgruppen repräsentieren soll. Die Workshops hatten bereits zu dem Konsens geführt, dass ein Dachverband der deutschen Raumfahrthochschulgruppen ein zentraler Baustein für eine bessere Repräsentation und eine besser Zusammenarbeit zwischen den Gruppen sein kann. Die Idee, einen Dachverband zu gründen, ist dabei nicht erst auf diesem Kongress entstanden, sondern existiert schon seit einigen Jahren. Im Vorfeld auf den Kongress hat sich bereits ein Team aus Mitgliedern der verschiedenen Vereine, die einem Dachverband beitreten wollen, mit einem Entwurf der Satzung und der Geschäftsordnung auseinandergesetzt. Diese Entwürfe wurden dann in großer Runde vorgestellt und diskutiert. Im Anschluss wurde noch über den Namen des Dachverbands abgestimmt und die Teilnehmer des Kongress einigten sich auf den Namen „Bundesverband Studentischer Raumfahrt„. Der Verband wurde jedoch noch nicht während der Veranstaltung gegründet. Im Nachgang fand die Gründung des Verbands im Dezember 2021 in Darmstadt statt.
Wir möchten uns an dieser Stelle bei unseren Gästen bedanken, dass ihr uns in Dresden für diesen Kongress besucht habt und dass wir gemeinsam Ideen entwickeln und diskutieren konnten.
Im Rahmen der „Förderung hochschulbezogener Maßnahmen studentischer Verbände und anderer Organisationen“ des Bundesministerium für Bildung und Forschung erhielten wir eine Zuwendung, die es uns ermöglicht hat, unseren Gästen Reisekosten und Unterbringung teilweise mit zu finanzieren, wodurch wir mehr Studierenden ohne finanzielle Hürden die Teilnahme an unserem Kongress ermöglichen konnten. Dafür möchten wir uns noch einmal besonders bedanken.